Bei Kapitalgesellschaften als eigenständigen juristischen Personen haften Gesellschafter und Geschäftsführer grundsätzlich nicht persönlich. Die Rechtsprechung hat jedoch bei sog. existenzvernichtenden Eingriffen eine Durchgriffshaftung entwickelt. Den Anwendungsbereich hierfür hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf kürzlich erweitert. In seinem nunmehr veröffentlichten Urteil vom 26. Oktober 2006 (ZIP 2007, 227) wendet das OLG die Durchgriffshaftung auch dann an, wenn der betroffenen Gesellschaft von vornherein die Fähigkeit vorenthalten wird, die vorhersehbaren Risiken ihres Geschäftsbetriebs zu bestehen und ihren Verbindlichkeiten nachzukommen. Das Gericht bezeichnet dies mit dem schönen Begriff „Aschenputtel-Situation“, bei dem in einem Konzern einer Gesellschaft die „schlechten Linsen“ und anderen Gesellschaften die „guten Linsen“ (Ertragschancen) zugewiesen werden. Das OLG verurteilte mit dieser Argumentation die vom Insolvenzverwalter auf den Ausfall der Forderungen der Insolvenzgläubiger in Anspruch genommenen Gesellschafter.
Die Haftung wird damit bei unterkapitalisierten Gesellschaften erheblich ausgeweitet. Gesellschafter sehen sich nach diesem neuen Ansatz der Rechtsprechung unkalkulierbaren Haftungsrisiken ausgesetzt. Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht. Das OLG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung und zur höchstrichterlichen Klärung der qualifizierten materiellen Unterkapitalisierung als mögliche Fallgruppe des existenzvernichtenden Eingriffs die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
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