Anleger, die einem in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betriebenen Immobilienfonds beitreten, haften unter Umständen auch für Darlehensverbindlichkeiten, die vor ihrem Eintritt in die Gesellschaft und vor dem maßgebenden Urteil des BGH zur Haftung von GbR-Gesellschaftern für Altverbindlichkeiten begründet worden sind. Dies hat der BGH in der Entscheidung vom 17. Oktober 2006 (Az. XI ZR 185/05) ausgeführt. Anleger, die in eine Publikumsgesellschaft eintreten, müssen damit rechnen, dass die zur Finanzierung des Fondsobjekts benötigten Kredite bereits ganz oder zum Teil aufgenommen wurden.
Der Sachverhalt:
Der Kläger war im Dezember 1997 mit einer Bareinlage in die L. GbR eingetreten. Deren Gesellschaftszweck war die Modernisierung und Sanierung einer Immobilie in L. Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass die bereits beigetretenen und alle künftigen Gesellschafter quotal entsprechend ihrer jeweiligen kapitalmäßigen Beteiligung haften sollen.
Mit notariell beglaubigter Urkunde vom 22.12.1997 erteilte der Kläger dem Geschäftsführer X., der keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz besaß, eine umfassende Vollmacht zum Abschluss von Kreditverträgen und zur Abgabe eines Schuldanerkenntnisses gegenüber der kreditgebenden Bank. Bereits im August 1997 hatte X. mit der beklagten Bank einen Darlehensvertrag über rund 22 Millionen DM geschlossen.
Nachdem die Beklagte das Darlehen vollständig ausgezahlt hatte, erklärte X. für sämtliche Gesellschafter der GbR in einer notariellen Urkunde vom 23.3.1999, dass er selbst und die Gesellschafter für die 22 Millionen persönlich haften, wobei die Haftung quotal beschränkt sei. Ferner unterwarf er sich und die Gesellschafter der sofortigen Zwangsvollstreckung in das persönliche Vermögen.
Nach dem Abschluss der Bauarbeiten geriet die L.GbR in finanzielle Schwierigkeiten, weil die erwartete Kaltmiete nicht erzielt werden konnte. Die Beklagte kündigte deshalb die Darlehensverträge fristlos und wollte die Zwangsvollstreckung betreiben.
Der Kläger vertrat die Auffassung, nicht für die Verbindlichkeiten der GbR einstehen zu müssen, weil die dem X. erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. X. habe ihn daher nicht wirksam vertreten können. Der BGH entschied, dass der Kläger sowohl an die Darlehensverträge als auch an das Schuldanerkenntnis gebunden, dass die Zwangsvollstreckung der Beklagten aber unzulässig sei.
Die Gründe:
Der Kläger haftet in entsprechender Anwendung von § 130 HGB für den im August 1997 geschlossenen Darlehensvertrag über 22 Millionen DM in Höhe seines Geschäftsanteils mit seinem Privatvermögen.
Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BGH ist eine GbR rechtsfähig. Dies hat zur Folge, dass ihre Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten nach den für die OHG und KG geltenden Vorschriften der §§ 128 ff. HGB haften. Aus diesem Grund haften GbR-Gesellschafter auch für solche Verbindlichkeiten, die vor ihrem Eintritt begründet worden sind (BGH Urteil vom 7.4.2003, Az.: II ZR 56/02).
Im Streitfall kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass er der L. GbR schon weit vor dem Urteil des BGH vom 7.4.2003 beigetreten ist - also nicht wissen konnte, dass er einmal für Altverbindlichkeiten der GbR würde haften müssen - und dass er von dem im August 1997 geschlossenen Darlehensvertrag nichts gewusst habe. Zwar enthielten weder der Gesellschaftsvertrag noch der Anlageprospekt einen Hinweis auf bereits bestehende Verbindlichkeiten. Anleger, die in eine Publikumsgesellschaft eintreten, müssen aber unbedingt damit rechnen, dass die zur Finanzierung des Fondsobjekts benötigten Kredite bereits ganz oder zum Teil aufgenommen wurden.
Die Beklagte kann den Kläger auch aus dem von X. abgegebenen Schuldanerkenntnis in Anspruch nehmen, da dieses wirksam ist. Zwar verstößt die dem X. erteilte Vollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz und ist damit nichtig. X. war der Beklagten gegenüber jedoch gemäß §§ 171 Abs.1, 172 Abs.1 BGB vertretungsbefugt. Denn er hat der Beklagten bei Abgabe des Schuldanerkenntnisses eine ihn als Vertreter des Klägers ausweisende Vollmachtsurkunde vorgelegt. Die Beklagte durfte daher darauf vertrauen, dass X. das abstrakte Schuldanerkenntnis aufgrund einer wirksam erteilten Abschlussvollmacht abgegeben hat.
Die von der Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung ist allerdings unwirksam. Denn die §§ 171 Abs.1, 172 Abs.1 BGB sind lediglich auf das materiell-rechtliche Schuldanerkenntnis, nicht aber auf die prozessuale Vollstreckungsunterwerfung anwendbar. X. besaß daher keine wirksame Vollmacht zur Abgabe einer Vollstreckungsunterwerfungserklärung.
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