Dienstag, 20. März 2007

Bundesgerichtshof entscheidet zu "Schrottimmobilien"

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschied heute erneut über Ansprüche von Verbrauchern im Zusammenhang mit sogenannten "Schrottimmobilien". Dabei hob der XI. Senat das Urteil des OLG Karlsruhe vom 24. November 2004 - 15 U 4/01 auf und verwies die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurück.

Anders als das Berufungsgericht sah der BGH die finanzierende Bank nicht allein deshalb zur Aufklärung verpflichtet, weil sie den Beitritt des Darlehensnehmers zu einem für das Erwerbsobjekt bestehenden Mietpool zur Voraussetzung der Darlehensauszahlung gemacht habe. Aufklärungspflichten der finanzierenden Bank könnten sich allerdings bei Hinzutreten spezifischer Risiken des konkreten Mietpools ergeben, z.B. wenn die finanzierende Bank den Beitritt in Kenntnis einer bereits bestehenden Überschuldung des konkreten Mietpools verlange oder in Kenntnis des Umstands, dass dem konkreten Mietpool Darlehen gewährt worden seien, für die die Anleger als Poolmitglieder haften müssten, oder in Kenntnis des Umstands, dass an die Poolmitglieder überhöhte Ausschüttungen ausbezahlt worden seien, die ihnen einen falschen Eindruck von der Rentabilität und Finanzierbarkeit der Anlage vermittelten.

Nach Zurückverweisung werde das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen zu der von der Klägerin behaupteten Kenntnis der beklagten Bausparkasse von der arglistigen Täuschung zu treffen haben. Hierbei werde der Klägerin im Anschluss an die Entscheidung des erkennenden Senats vom 16. Mai 2006 (XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, 1840) unter dem Gesichtspunkt eines die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprungs der finanzierenden Bausparkasse eine Beweiserleichterung zugute kommen, da die beklagte Bausparkasse in institutioneller Weise mit den Vermittlern zusammen gearbeitet habe. Ihre Kenntnis von der arglistigen Täuschung durch die Vermittler werde daher vermutet und es werde ihr obliegen, diese Vermutung mit den von ihr angebotenen Beweismitteln zu widerlegen.

Damit erfüllte der BGH die unlängst in zahlreichen Presse- und Fernsehberichten geäußerten Hoffnungen zahlreicher immobiliengeschädigter Anleger nicht vollständig. Dennoch gab der XI. Senat eine deutliche "Segelanweisung".

BaFin warnt vor Spam-Mails mit Aktienempfehlungen

Derzeit werden Anleger massiv mit so genannten Spam-Mails zum Kauf von Aktien aufgefordert. Die Mails enthalten meist eine ausdrückliche Kaufempfehlung mit der Angabe extremer Kursziele oder –prognosen, ohne diese näher zu begründen.

Die BaFin warnt Anleger davor, solche Mitteilungen als Grundlage für Anlageentscheidungen zu benutzen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Verbreitung der Spams nur dazu dient, die Kurse der betroffenen Wertpapiere ohne realistischen Hintergrund in manipulativer Weise nach oben zu treiben. Die BaFin greift Hinweise betroffener Anleger auf und geht diesen mit Blick auf Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz nach.

Quelle: BaFin

Dienstag, 13. März 2007

BGH: Aufklärungpflicht über Rückvergütungen

BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05

Leitsatz:


Wenn eine Bank einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und jährlichen Verwaltungsgebühren erhält, muss sie den Kunden über diese Rückvergütungen aufklären, damit der Kunde beurteilen kann, ob die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung erfolgt ist, oder im Interesse der Bank, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten.

BGH: stillschweigender Abschluss eines Auskunftsvertrags mit Anlagevermittler

BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - III ZR 193/05

Leitsatz:

Im Rahmen einer Anlagevermittlung kommt zwischen dem Anlageinteressenten und dem Vermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt (st. Rspr., zuletzt Senatsurteil vom 19. Oktober 2006 - III ZR 122/05 - ZIP 2006, 2221). Der Feststellung weiterer besonderer Umstände bedarf es nicht. Das gilt auch dann, wenn der Vermittler bei den Vertragsverhandlungen zugleich als selbständiger "Repräsentant" einer Bank auftritt.

Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA warnt vor Walden & Associates

Die österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA warnt Anleger per Bekanntmachung in der Ausgabe des Amtsblattes der Wiener Zeitung vom 21. Februar 2007 vor Geschäften mit folgendem Anbieter:

Walden & Associates,
mit angeblichem Geschäftssitz in
18334 Egret Bay Blvd.,
Suite 600,
Houston, Texas 77058
USA

„Walden & Associates“ bietet in Österreich nach § 1 Abs 1 Z 19 BWG (Beratung über die Veranlagung von Kundenvermögen, Verwaltung von Kundenportfeuilles mit Verfügungsvollmacht im Auftrag des Kunden, Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten zum Erwerb oder zur Veräußerung von bestimmten Finanzinstrumenten) konzessionspflichtige Finanzdienstleistungsgeschäfte an, ohne über die erforderliche Berechtigung zu verfügen.

Freitag, 9. März 2007

Beitritt zu Immobilienfonds: Umfassende Beauftragung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verstößt gegen RBerG

BGH, Urteil vom 1.2.2007 - III ZR 281/05

Wird eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Rahmen eines Treuhandvertrags mit sämtlichen für den Beitritt zu einem Immobilienfonds verbundenen Rechtshandlungen betraut, so verstößt dies regelmäßig gegen das RBerG. Nach Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG dürfen Wirtschaftsprüfer zwar in Angelegenheiten, mit denen sie beruflich befasst sind, grundsätzlich auch die rechtliche Bearbeitung übernehmen. Hiernach sind nur aber rechtsberatende Nebentätigkeiten zur eigentlichen Wirtschaftsprüfer-Tätigkeit erlaubnisfrei.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist Alleinerbin der Mitte 2003 verstorbenen F. Diese hatte 1994 mit der beklagten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einen notariellen Treuhandvertrag geschlossen, mit dem die Beklagte zur Vornahme sämtlicher Rechtshandlungen bevollmächtigt wurde, die für den Beitritt der F. zu einem Immobilienfonds erforderlich waren, einschließlich des Abschlusses der zur Finanzierung des Beitritts erforderlichen Darlehensverträge.

Die Beklagte erledigte diesen Auftrag beanstandungsfrei und erhielt hierfür die von F. die zugesagte Vergütung.

Die Klägerin verlangte im vorliegenden Verfahren von der Beklagten die Rückzahlung der Vergütung nebst Zinsen, weil der mit F. geschlossene Treuhandvertrag wegen Verstoßes gegen das RBerG nichtig gewesen sei. LG und OLG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH die Vorentscheidungen auf und wies die Klage ab.

Gründe:

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung aus dem Treuhandvertrag. Die Vorinstanzen sind allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass der Treuhandvertrag gegen Art. 1 § 1 S.1 RBerG verstößt, da er mit den Rechtshandlungen, die für den Beitritt der F. zum Immobilienfonds erforderlich waren, die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten umfasste.

Diese Tätigkeit war auch nicht nach Art. 1 § 5 Nr.2 RBerG erlaubnisfrei. Hiernach dürfen Wirtschaftsprüfer auch rechtsberatend tätig werden, soweit dies für die Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgaben erforderlich ist. Die Voraussetzungen von Art. 1 § 5 Nr.2 RBerG waren im Streitfall nicht erfüllt, da es sich bei den Rechtshandlungen, die die Beklagte vornehmen sollte, nicht um eine Hilfs- oder Nebentätigkeit zu einer berufsspezifischen Tätigkeit, sondern um die einzige und hauptsächliche Aufgabe gehandelt hat.

Die Klägerin hat dennoch gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung, da insoweit der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung durchgreift. Das ergibt sich zum einen daraus, dass Verträge der vorliegenden Art erst seit einem Urteil des BGH vom 28.9.2000 als erlaubnispflichtig angesehen werden und die Beklagte daher 1994 noch darauf vertrauen durfte, dass der Vertrag wirksam war. Außerdem sind die beiderseitigen Leistungen in vollem Umfang beanstandungsfrei erbracht worden und haben die Klägerin und F. die Vorteile des Vertrags endgültig genossen.

Quelle: BGH online Newsletter

Kein Rechtsschutz-Risikoausschluß für Unterwerfungserklärungen unter die sofortige Zwangsvollstreckung

BGH, Urteil vom 17.1.2007 - IV ZR 124/06

Einseitige Unterwerfungen unter die sofortige Zwangsvollstreckung gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO (hier: zugunsten einer fondsfinanzierenden Bank) sind keine der Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitel i.S. der Risikoausschlüsse des § 5 (3) e) ARB 94 und des § 2 (3) b) ARB 75.

Konsequenz: Die Rechtsschutzversicherung kann in diesen Fällen eine Deckungszusage nicht verweigern.

Dienstag, 6. März 2007

Banken müssen Anleger grundsätzlich auch bei telefonischem Aktienkauf auf Anlagerisiken hinweisen

OLG Celle, Urteil vom 7. Dezember 2006, Az. 8 U 563/05-161

Banken müssen Anleger bei telefonischer Order von Aktien nach § 31 WpHG grundsätzlich selbst dann über die Anlagerisiken aufklären, wenn sie die Anleger zuvor schon allgemein über die mit dem Erwerb von Aktien verbundenen Verlustrisiken und möglichen Kursschwankungen aufgeklärt haben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Kunde in erheblichem Umfang von seinem bisherigen Risikoprofil abweicht und dies für den Mitarbeiter, der die Kauforder entgegengenommen hat, offensichtlich war.

Der Sachverhalt:

Der Kläger hatte bei der beklagten Bank ein Wertpapierdepot eröffnet. In einem Beratungsgespräch mit dem Individualanlageberater der Beklagten äußerte der Kläger, dass er höhere Renditen erzielen wolle und dazu auch bereit sei, ein Verlustrisiko beziehungsweise Kursschwankungen hinzunehmen. Auf Grund dieses Gesprächs wurde der Kläger von dem Anlageberater als risikobewusst eingestuft. Im Anschluss an die Beratung zeichnete der Kläger Infineon-Aktien.

In der Folgezeit nahm der Kläger noch am so genannten Bank-Orderline-Verfahren teil und orderte telefonisch Intershop-Aktien über die Wertpapierabteilung der Beklagten. Der Kläger erzielte hieraus Verluste in Höhe von rund 85.000 Euro. Diesen Betrag verlangte er von der Beklagten ersetzt. Zur Begründung trug er vor, dass er von dem die Kauforder entgegennehmenden Mitarbeiter der Beklagten nicht hinreichend über die Anlagerisiken informiert worden sei. Dieser hätte ihn bei der telefonischen Order der Aktien nochmals auf das Verlustrisiko aufmerksam machen müssen. Die Schadensersatzklage hatte keinen Erfolg.

Die Gründe:

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz. Er konnte nicht nachweisen, dass die Beklagte ihre Aufklärungspflichten in Bezug auf die telefonische Order der Intershop-Aktien verletzt hat. Die Beklagte hat insbesondere nicht ihre aus § 31 Abs.2 WpHG resultierenden Informationspflichten verletzt.

Grundsätzlich müssen Banken ihre Kunden über die Risiken einer Anlage informieren und den Kenntnisstand und die Risikobereitschaft ihrer Kunden erfragen. Sie dürfen sich dabei nicht allein darauf beschränken, dem Anleger geeignetes schriftliches Material mit standardisierten Informationen über die in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäfte zur Verfügung zu stellen. Banken sind vielmehr auch zum Ausspruch einer Warnung verpflichtet, wenn Kundenaufträge von der zuvor erklärten Zielvorstellung deutlich abweichen. Eine solche offensichtliche, für den die Kauforder entgegennehmenden Kundenberater erkennbare Abweichung von dem im Kundenbogen festgehaltenen Anlageziel des Klägers ist vorliegend nicht gegeben.

Der Kläger war von dem Anlageberater der Beklagten auf Grund seiner eigenen Angaben als risikobewusst eingestuft worden. Die risikoreiche telefonische Order der Intershop-Aktien widersprach damit nicht dem von der Beklagten erstellten Anlageprofil des Klägers. Da dieser vor oder während den Telefonaten auch keine neue Beratung wünschte, musste die Beklagte nicht davon ausgehen, dass bei ihm ein Beratungsbedarf bestand.

Im Übrigen ist der Erwerb der Intershop-Aktien nicht kausal für den entstandenen Schaden. Der Kläger hätte den vollen Beweis dafür zu erbringen müssen, dass er die Intershop-Aktien nicht erworben hätte, wenn die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen wäre. Diesen Beweis hat er nicht geführt.

Quelle: ZR-Report-Datenbank

Donnerstag, 1. März 2007

Unzulässigkeit des Bestreitens von Einzelheiten eines kreditfinanzierten Immoblienerwerbs mit Nichtwissen

OLG München, Urteil vom 27.4.2006 – 19 U 3717/04

Leitsätze des Gerichts:

1. Eine Bank, die sich für den Abschluss von Darlehensverträgen selbstständiger Vermittler bedient, kann sich nicht über deren behauptete Vorgehensweise in Unkenntnis halten und diese pauschal oder mit Nichtwissen bestreiten.

2. Aus der auf persönliche Weisung des Anlegers erfolgten Auszahlung der Darlehensvaluta auf ein von einem Treuhänder für den Anleger errichtetes Konto ergibt sich eine Duldungsvollmacht für den Treuhänder, über dieses Konto auch zu verfügen (Abweichung von BGH ZIP 2005, 1357 = NJW 2005, 2985).

3. Die vom Europäischen Gerichtshof in seinen Entscheidungen vom 25.10.2005 (ZIP 2005, 1959 = NJW 2005, 3551 und ZIP 2005, 1965 = NJW 2005, 3555) von den Mitgliedstaaten geforderten Maßnahmen, damit nicht der Verbraucher die Folgen der Verwirklichung von sich aus einer Nichtbelehrung über das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz ergebenden Risiken zu tragen hat, können nach deutschem Recht in folgender Weise angemessen umgesetzt werden (z.T. gegen OLG Bremen v. 2.3.2006 – 2 U 20/02, ZIP 2006, 654 = NJW 2006, 1210):

a) Eine Nichtbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz stellt eine objektive vorvertragliche Pflichtverletzung des Kreditinstituts dar, die Schadensersatzansprüche auslösen kann.

b) Die haftungsausfüllende Kausalität dieser Pflichtverletzung zu einem Erwerbsvertrag als Schaden kann aber in der Regel nur bestehen, wenn der Darlehensvertrag zeitlich vor dem Erwerbsvertrag geschlossen wurde. Weiter wäre erforderlich, dass der Anleger im Falle der Belehrung über sein Widerrufsrecht dieses Recht auch tatsächlich ausgeübt hätte. Eine Vermutung für ein „belehrungsrichtiges Verhalten“ kommt ihm dabei nicht zustatten.

c) Eine verschuldensunabhängige Haftung für vorvertragliche Pflichtverletzungen ist dem deutschen Recht fremd. Ein Verschulden der Kreditinstitute erscheint jedoch denkbar (hier nicht entscheidungserheblich).

4. Nach dem Widerruf eines Realkreditvertrages hat der Darlehensgeber nach deutschem Recht Anspruch auf die Erstattung des ausgezahlten Nettokreditbetrages und dessen marktübliche Verzinsung. Für eine Relativierung dieser Rechtsfolge besteht im Hinblick auf die gesetzliche Regelung (hier § 3 HWiG a.F.) und das Trennungsprinzip weder Anlass noch Möglichkeit.