Dienstag, 22. Mai 2007

LG Stuttgart: Keine Abwälzung der Kosten für Gutachten zur Wertermittlung von Immobilien auf Kunden

Das Landgericht (LG) Stuttgart hat eine Klausel der Bausparkasse Wüstenrot gekippt, die die Kosten für Gutachten zur Wertermittlung einer Immobilie auf die Kunden abwälzt (Az.: 20 O 9/07, nicht rechtskräftig). Dies teilte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen mit, deren Musterklage gegen die Klausel erfolgreich war. Nach Einschätzung der Verbraucherschützer müssen Geldinstitute nun mit Forderungen in Millionenhöhe rechnen.

Hintergrund

520 Euro hatte die Wüstenrot AG von einem Kunden für die Anfertigung eines Wertgutachtens für eine Eigentumswohnung von 95 Quadratmetern in Düsseldorf gefordert. Das Gutachten ist laut Verbraucherzentrale für die Bausparkasse stets Voraussetzung für die Gewährung eines Darlehens, und zwar unabhängig davon, ob es später wirklich ausgezahlt werde.

Unangemessene Benachteiligung der Verbraucher

Nach Ansicht des LG Stuttgart benachteiligt die beanstandete Klausel den Verbraucher unangemessen, wie die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen weiter mitteilte. Denn Kosten dürften nicht auf Dritte abgewälzt werden, «indem gesetzlich auferlegte Pflichten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu individuellen Dienstleistungen gegenüber Vertragspartnern erklärt werden», so das Gericht. Da die Wertermittlung des Pfandobjektes zudem «nur im eigenen Interesse des Verwenders» der Klausel liege, verneinten die Richter laut Verbraucherzentrale die Möglichkeit, ein Sonderentgelt zu kassieren.

Quelle: beck-aktuell

Montag, 21. Mai 2007

OLG Celle: Schadensersatzanspruch bei vorsätzlich überhöhter Verkehrswertfestsetzung der finanzierenden Bank

OLG Celle, Urt. v. 13.2.2007 - 16 U 5/06

Leitsätze des Gerichts:

1. Vorsätzlich fehlerhafte (überhöhte) Verkehrswertfestsetzungen der finanzierenden Bank lösen, auch wenn die Vorschriften des Bausparkassengesetzes nicht drittschützend sind, einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB aus und rechtfertigen damit grundsätzlich ein Rückabwicklungsbegehren.

2. Auch die in den Kaufpreis eingerechneten Zinssubventionen der Verkäuferin an die finanzierende Bank bedeuten eine der Bank zuzurechende Vertragsverletzung, weil den Käufern damit vorgespiegelt wird, ihre Zinskonditionen entsprächen der Marktlage.

BaFin untersagt der 1911DIRECT Sparkasse Ekonomisk förening das Einlagengeschäft

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat der 1911DIRECT Sparkasse Ekonomisk förening, Stockholm (Schweden), und deren Vorständen Georg Tolar, Ralf Mossbeck und Peter Ruf, jeweils Frankfurt am Main, am 2. Mai 2007 das Einlagengeschäft untersagt. Ferner hat die BaFin die unverzügliche Abwicklung der unerlaubt betriebenen Geschäfte angeordnet.

Die 1911DIRECT Sparkasse Ekonomisk förening, die auch unter der Bezeichnung "Sparkasse 1911direct E.F.", "Sparkasse 1911direct" und "Sparkasse 1911direkt" auftrat, bot ein als "Sparbuch" konzipiertes Anlageprodukt an. Dieses "Sparbuch" bewarb sie teilweise auch als "SPARKASSENBUCH Der Klassiker" und "Sparbuch 3Plus-Varioflex". Anleger konnten dabei zu unterschiedlichen Konditionen Gelder auf den von ihnen eröffneten Sparkonten einzahlen. Die Konditionen bemaßen sich nach dem Alter der Anleger, der Anlagesumme und der Laufzeit der Anlage. Nach Angaben der Gesellschaft haben insgesamt 655 Anleger eine Summe von rund 1,1 Mio. € eingezahlt.

Durch die vereinbarungsgemäße Annahme der Anlegergelder betreiben die 1911DIRECT Sparkasse Ekonomisk förening und ihre Vorstände das Einlagengeschäft, ohne die dafür erforderliche Erlaubnis der BaFin zu besitzen.

Die Verfügungen der BaFin sind von Gesetzes wegen sofort vollziehbar, jedoch noch nicht bestandskräftig.

Pressemitteilung BaFin

Mittwoch, 9. Mai 2007

Gesamtbetragsangabepflicht bei kreditfinanziertem Rentenmodell mit Steueranspar- und Tilgungsversicherung

OLG Karlsruhe, Urteil vom 5.12.2006 – 17 U 366/05

Leitsätze des Gerichts:


1. Ist bei einem kreditfinanzierten Rentenmodell neben dem (zur Einmalzahlung in eine Rentenversicherung vorgesehenen) Festdarlehen eine Ansparversicherung vorgesehen, die zur Abdeckung einer mit Fälligkeit der Tilgungslebensversicherung anfallenden Kapitalertragsteuer dient, so unterliegen die Ansparleistungen nicht der Pflicht zur Angabe des Gesamtbetrages i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 VerbrKrG a.F., weil sie nicht der Erfüllung der Darlehensrückzahlungsschuld, sondern der Tilgung einer etwaigen Steuerschuld des Anlegers dienen.

2. Erfolgt bei einem solchen Anlagemodell die Ansparung der Tilgungslebensversicherung mittels Einmalzahlung durch ein weiteres Darlehen, so fallen die vom Anleger zu erbringenden Darlehenszinsen auch nicht in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 VerbrKrG a.F. unter die Pflicht zur Gesamtbetragsangabe, weil ungeachtet der Tilgungsfunktion der Lebensversicherung die Zinszahlungen wirtschaftlich nicht als Tilgungsersatzleistungen im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sind.

Aufklärungspflicht der Bank bei Abweichung der Aktienkauf-Order vom Risikoprofil

Aufklärungspflicht der Bank bei offensichtlich erheblicher Abweichung der Aktienkauf-Order vom bisherigen Risikoprofil des Kunden

OLG Saarbrücken, Urteil vom 7.12.2006 – 8 U 563/05-161

Leitsatz des Gerichts:


Eine Bank treffen auch bei telefonischer Order von Aktien Aufklärungspflichten nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG, wenn der zuvor bereits allgemein über die mit dem Erwerb von Aktien verbundenen Risiken aufgeklärte Kunde in erheblichem Umfang von seinem bisherigen Risikoprofil abweicht und dies für ihren die Kauf-Order entgegennehmenden Mitarbeiter offensichtlich war.

Dienstag, 8. Mai 2007

OLG München: Für die Durchführung eines Kapitalanleger-Musterverfahrens ist allein die Anzahl der einzelnen Verfahren ausschlaggebend

OLG München 9.2.2007, Az. W (KAPMU) 1/06

Voraussetzung für die Durchführung eines Kapitalanleger-Musterverfahrens nach § 4 KapMUG ist, dass neben dem Verfahren, in dem der zeitlich erste Musterfeststellungsantrag gestellt wurde, innerhalb von vier Monaten nach seiner Bekanntmachung in mindestens neun weiteren Verfahren gleichgerichtete Musterfeststellungsanträge gestellt wurden. Hierbei ist die Zahl der einzelnen Verfahren und nicht die Zahl der Kläger, die als Streitgenossen auftreten, ausschlaggebend.

BGH: Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank über die Risiken eines Mietpools

BGH, Urteil vom 20.3.2007, Az: XI ZR 414/04

Leitsätze:

a) Bei steuersparenden Bauherren- und Erwerbermodellen treffen die finanzierende Bank, die den Beitritt des Darlehensnehmers zu einem für das Erwerbsobjekt bestehenden Mietpool zur Voraussetzung der Darlehensauszahlung gemacht hat, nicht ohne Weiteres über die damit verbundenen Risiken Aufklärungspflichten wegen eines durch sie bewusst geschaffenen oder begünstigten besonderen Gefährdungstatbestands.

b) Aufklärungspflichten wegen eines durch sie bewusst geschaffenen oder begünstigten besonderen Gefährdungstatbestands können sich nur bei Hinzutreten spezifischer Risiken des konkreten Mietpools ergeben. Aufklärungspflichten können etwa in Betracht kommen, wenn sie den Beitritt in Kenntnis einer bereits bestehenden Überschuldung des konkreten Mietpools verlangt oder in Kenntnis des Umstands, dass dem konkreten Mietpool Darlehen gewährt wurden, für die die Anleger als Poolmitglieder haften müssen, oder in Kenntnis des Umstands, dass an die Poolmitglieder konstant überhöhte Ausschüttungen ausbezahlt werden, die ihnen einen falschen Eindruck von der Rentabilität und Finanzierbarkeit der Anlage vermitteln.