OLG Koblenz, Urteil vom 7. Dezember 2006 – 5 U 735/06
Leitsätze des Gerichts:
1. Ist die Ablaufleistung einer zur Kredittilgung an eine Bank abgetretenen Kapitallebensversicherung niedriger als erwartet, kann in der Regel nicht von einer Leistung an Erfüllungs statt ausgegangen werden. Für eine abweichende Parteivereinbarung ist der Bankkunde beweispflichtig.
2. Gegenüber einem geschäftserfahrenen Kunden (hier: Inhaber eines mittleren Hotelbetriebes) ist die Bank nicht verpflichtet, vorvertraglich auf das Risiko der Unterdeckung hinzuweisen.
Aktuelle Informationen zum Bank- und Kapitalanlagerecht, Hintergrundinformationen zu Anlagebetrugs- und Anlagehaftungsfällen sowie Verbraucherschutzberichte
Dienstag, 24. Juli 2007
Strafsteuern: Geld zurück bei sog. "schwarzen Fonds"
Anleger können sich ihre Strafsteuern für ausländische Fonds vom Finanzamt zurückholen. Das entschied jetzt das Finanzgericht Köln (Az. 6 K 5714/02). Dafür müssen die Steuerzahler allerdings gegen einen Steuerbescheid aus der Zeit vor 2004 Einspruch eingelegt haben, so dass dieser noch nicht bestandskräftig geworden ist.
Damals wurde das Auslandsinvestmentgesetz geändert und die steuerliche Schlechterbehandlung ausländischer, in Deutschland nicht zum Vertrieb zugelassener Fonds (angeblich nicht transparente und daher mit einem hohen Satz pauschal besteuerte "schwarze Fonds") beseitigt. Bis dahin unterstellte das Finanzamt bei ausländischen Investmentfonds pauschal einen vergleichsweise hohen Zwischengewinn (deutlich mehr als tatsächlich angefallen). Bei deutschen Fonds dagegen zählte der tatsächliche Zwischengewinn.
„Das steht in offensichtlichem Widerspruch zu Artikel 56 des EG-Vertrags“, begründen die Finanzrichter ihr Urteil. Danach dürfen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union den Kapitalverkehr zwischen den einzelnen EU-Staaten nicht beschränken.„Denn die Pauschalbesteuerung ist weder erforderlich noch verhältnismäßig“, so die Richter.
Damals wurde das Auslandsinvestmentgesetz geändert und die steuerliche Schlechterbehandlung ausländischer, in Deutschland nicht zum Vertrieb zugelassener Fonds (angeblich nicht transparente und daher mit einem hohen Satz pauschal besteuerte "schwarze Fonds") beseitigt. Bis dahin unterstellte das Finanzamt bei ausländischen Investmentfonds pauschal einen vergleichsweise hohen Zwischengewinn (deutlich mehr als tatsächlich angefallen). Bei deutschen Fonds dagegen zählte der tatsächliche Zwischengewinn.
„Das steht in offensichtlichem Widerspruch zu Artikel 56 des EG-Vertrags“, begründen die Finanzrichter ihr Urteil. Danach dürfen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union den Kapitalverkehr zwischen den einzelnen EU-Staaten nicht beschränken.„Denn die Pauschalbesteuerung ist weder erforderlich noch verhältnismäßig“, so die Richter.
Göttinger Gruppe: Mitbegründer Zacharias in Amsterdam verhaftet
Der Mitbegründer der insolventen Göttinger Gruppe, Erwin Zacharias, ist nach Zeitungsberichten in Amsterdam verhaftet worden. Er war Ex-Cheft der Securenta AG und gilt als Erfinder der sog. "SecuRente" (eine grob irreführende Bezeichnung). Zacharias wurde wegen Steuerhinterziehung mit internationalem Haftbefehl gesucht. Er war deswegen rechtskräftig zu 16 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Angeblich habe er nach Kanada ausreisen wollen.
Donnerstag, 5. Juli 2007
Argentinien-Anleihen: Staatsnotstand berechtigt nicht zur Zahlungsverweigerung gegenüber privaten Gläubigern
Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts
Die Republik Argentinien bediente sich im Zusammenhang mit derargentinischen Finanzkrise in erheblichem Umfang des Instruments der Staatsanleihen. Solche Anleihen wurden auch auf dem deutschenKapitalmarkt aufgelegt und von deutschen Gläubigern gezeichnet. Anfang 2002 erklärte sich Argentinien für zahlungsunfähig und berief sich dabei auf einen Staatsnotstand.
Anlässlich mehrerer Klagen deutscher Anlegergegen die Republik Argentinien legte das Amtsgericht Frankfurt dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob der seitens der Republik Argentinien erklärte Staatsnotstand wegen Zahlungsunfähigkeit diese kraft einer allgemeinen Regel des Völkerrechts berechtigt, die Erfüllung fälliger Zahlungsansprüche zeitweise zu verweigern.
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts kam zu dem Ergebnis, dass keine allgemeine Regel des Völkerrechts feststellbar ist, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf den wegenZahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand zeitweise zu verweigern. Die Richterin Lübbe-Wolff hat der Entscheidung eine abweichende Meinung angefügt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde: Zum Beleg einer gewohnheitsrechtlichen Geltung kann nicht auf den Konventionsentwurf der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen zur Staatenverantwortlichkeit verwiesen werden, der in Artikel 25 den völkerrechtlichen Staatsnotstand als Rechtfertigungsgrund regelt. Es ist zwar allgemein anerkannt, dass diese Regelung geltendesVölkergewohnheitsrecht darstellt. Allerdings handelt es sich bei dem dort geregelten Notstand um einen Rechtfertigungsgrund in einemVölkerrechtsverhältnis, nicht aber im Verhältnis zwischen Staat und privaten Gläubigern. Auch die einschlägige Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte erlaubt nicht die positive Feststellung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts, wonach ein Staat berechtigt wäre, gegenüberPrivatpersonen den Staatsnotstand einzuwenden. Es fehlt an einer einheitlichen Staatenpraxis, die einen solchen Rechtfertigungsgrund kraft Völkerrechts anerkennt.
Die Praxis internationaler Gerichtshöfe bildet insoweit keine hinreichende Grundlage. Zwar haben verschiedene internationale Gerichte (International Centre for Settlement ofInvestment Disputes; Ständiger Internationaler Gerichtshof; Französisch-Venezolanisch Gemischte Schiedskommission) die Berufung von Staaten auf den Notstand als Rechtfertigung bereits geprüft. Dennoch geben diese Fälle keine Anhaltspunkte für die Übertragbarkeit der Einrede des Staatsnotstands auf Privatrechtsverhältnisse. Denn die Einrede des Notstandes beschränkte sich in den jeweiligen Verfahren auf die völkerrechtlichen Pflichten zwischen den Staaten. Zu der Frage, ob einem Privaten der Staatsnotstand unmittelbar entgegengehalten werden könne, nehmen die Entscheidungen nicht Stellung.
Auch die Betrachtung der nationalen Rechtsprechung zur Frage des Staatsnotstands führt mangels übereinstimmender Praxis nicht zu dem Ergebnis, dass die Anerkennung des Staatsnotstands mit Auswirkung auf Privatrechtsverhältnisse gewohnheitsrechtlich verankert sei.
Sondervotum der Richterin Lübbe-Wolff
Nach Auffassung von Richterin Lübbe-Wolff hat der Senat über dieZulässigkeit der Vorlagen nicht nach den in der bisherigen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben entschieden. Zudem beantworte der Senat eine Vorlagefrage, die ihm zwar in - zwischenzeitlich aufgehobenen- Vorlagebeschlüssen des Oberlandesgerichts Frankfurt, nicht aber vom Amtsgericht Frankfurt gestellt war, über dessen Vorlagen der Senat allein noch zu entscheiden hatte.
Auch die materielle Rechtslage sei nicht die, die der Senat festgestellt habe. Bei der völkerrechtlichen Einrede des Staatsnotstands handle es sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, hinter dem allgemein anerkannte Überzeugungen über die Grenzen der Durchsetzbarkeit von Forderungen und den Vorrang elementarer Gemeinwohlbelange stehen. Es gehe dabei um den Vorrang der Pflicht des Staates zur Aufrechterhaltung elementarer Sicherheits- und Daseinsvorsorgeleistungen gegenüber den Forderungen Privater, z.B. der Gläubiger spekulativer Anleihen. Die Notstandseinrede, die diesem Vorrang Geltung verschaffe, sei nicht in der vom Senat angenommenen Weise beschränkt.
Die Republik Argentinien bediente sich im Zusammenhang mit derargentinischen Finanzkrise in erheblichem Umfang des Instruments der Staatsanleihen. Solche Anleihen wurden auch auf dem deutschenKapitalmarkt aufgelegt und von deutschen Gläubigern gezeichnet. Anfang 2002 erklärte sich Argentinien für zahlungsunfähig und berief sich dabei auf einen Staatsnotstand.
Anlässlich mehrerer Klagen deutscher Anlegergegen die Republik Argentinien legte das Amtsgericht Frankfurt dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob der seitens der Republik Argentinien erklärte Staatsnotstand wegen Zahlungsunfähigkeit diese kraft einer allgemeinen Regel des Völkerrechts berechtigt, die Erfüllung fälliger Zahlungsansprüche zeitweise zu verweigern.
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts kam zu dem Ergebnis, dass keine allgemeine Regel des Völkerrechts feststellbar ist, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf den wegenZahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand zeitweise zu verweigern. Die Richterin Lübbe-Wolff hat der Entscheidung eine abweichende Meinung angefügt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde: Zum Beleg einer gewohnheitsrechtlichen Geltung kann nicht auf den Konventionsentwurf der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen zur Staatenverantwortlichkeit verwiesen werden, der in Artikel 25 den völkerrechtlichen Staatsnotstand als Rechtfertigungsgrund regelt. Es ist zwar allgemein anerkannt, dass diese Regelung geltendesVölkergewohnheitsrecht darstellt. Allerdings handelt es sich bei dem dort geregelten Notstand um einen Rechtfertigungsgrund in einemVölkerrechtsverhältnis, nicht aber im Verhältnis zwischen Staat und privaten Gläubigern. Auch die einschlägige Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte erlaubt nicht die positive Feststellung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts, wonach ein Staat berechtigt wäre, gegenüberPrivatpersonen den Staatsnotstand einzuwenden. Es fehlt an einer einheitlichen Staatenpraxis, die einen solchen Rechtfertigungsgrund kraft Völkerrechts anerkennt.
Die Praxis internationaler Gerichtshöfe bildet insoweit keine hinreichende Grundlage. Zwar haben verschiedene internationale Gerichte (International Centre for Settlement ofInvestment Disputes; Ständiger Internationaler Gerichtshof; Französisch-Venezolanisch Gemischte Schiedskommission) die Berufung von Staaten auf den Notstand als Rechtfertigung bereits geprüft. Dennoch geben diese Fälle keine Anhaltspunkte für die Übertragbarkeit der Einrede des Staatsnotstands auf Privatrechtsverhältnisse. Denn die Einrede des Notstandes beschränkte sich in den jeweiligen Verfahren auf die völkerrechtlichen Pflichten zwischen den Staaten. Zu der Frage, ob einem Privaten der Staatsnotstand unmittelbar entgegengehalten werden könne, nehmen die Entscheidungen nicht Stellung.
Auch die Betrachtung der nationalen Rechtsprechung zur Frage des Staatsnotstands führt mangels übereinstimmender Praxis nicht zu dem Ergebnis, dass die Anerkennung des Staatsnotstands mit Auswirkung auf Privatrechtsverhältnisse gewohnheitsrechtlich verankert sei.
Sondervotum der Richterin Lübbe-Wolff
Nach Auffassung von Richterin Lübbe-Wolff hat der Senat über dieZulässigkeit der Vorlagen nicht nach den in der bisherigen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben entschieden. Zudem beantworte der Senat eine Vorlagefrage, die ihm zwar in - zwischenzeitlich aufgehobenen- Vorlagebeschlüssen des Oberlandesgerichts Frankfurt, nicht aber vom Amtsgericht Frankfurt gestellt war, über dessen Vorlagen der Senat allein noch zu entscheiden hatte.
Auch die materielle Rechtslage sei nicht die, die der Senat festgestellt habe. Bei der völkerrechtlichen Einrede des Staatsnotstands handle es sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, hinter dem allgemein anerkannte Überzeugungen über die Grenzen der Durchsetzbarkeit von Forderungen und den Vorrang elementarer Gemeinwohlbelange stehen. Es gehe dabei um den Vorrang der Pflicht des Staates zur Aufrechterhaltung elementarer Sicherheits- und Daseinsvorsorgeleistungen gegenüber den Forderungen Privater, z.B. der Gläubiger spekulativer Anleihen. Die Notstandseinrede, die diesem Vorrang Geltung verschaffe, sei nicht in der vom Senat angenommenen Weise beschränkt.
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