Kurth: "Neuartige Maßnahme zum Schutz der Verbraucher"
Die Bundesnetzagentur ist jetzt gegen als "Swiss Money Report" bekannte Spam-Faxe vorgegangen. Alle deutschen Netzbetreiber wurden aufgefordert, soweit es ihnen technisch möglich ist, eingehende Verbindungen sowie die Erreichbarkeit von insgesamt sechs auf den Faxen angegebenen ausländischen Rufnummern zu unterbinden.
"Aufgrund neuer technischer Erkenntnisse konnten wir die jetzige netzseitige Sperrung anordnen. Mit dieser neuartigen Maßnahme werden die Verbraucher vor einer massiven Belästigung durch derartige Werbefaxe mit Auslandsbezug geschützt", betonte Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur.
Der "Swiss Money Report" ist ein Fax-Newsletter mit Börseninformationen. Inhalt der Werbefaxe ist stets eine Kaufempfehlung für eine bestimmte Aktie, zu der angeblich ein Kursanstieg erwartet wird. Nach den der Bundesnetzagentur vorliegenden Beschwerden wird dieser Fax-Newsletter mehrmals pro Woche versendet. Als Kontaktrufnummern sind stets ausländische Rufnummern angegeben. Zudem enthalten die Werbefaxe den Hinweis auf die Möglichkeit zur Abmeldung des Fax-Newsletters per E-Mail bzw. im Internet.
Nach den Angaben der betroffenen Verbraucher hat die Rücksendung eines Faxes an eine der Kontaktrufnummern sowie die Versendung einer E-Mail mit der Angabe, keine weiteren Faxe erhalten zu wollen, keinen Erfolg gebracht. Der Fax-Newsletter wurde weiterhin in hoher Stückzahl zugesandt. Da dies häufig zur Nachtzeit geschah, wurden insbesondere Verbraucher, die nur eine Leitung für Telefon und Faxgerät nutzen, durch das Klingeln massiv belästigt.
Die Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes ermöglichen der Bundesnetzagentur in erster Linie ein Einschreiten bei rechtswidrig genutzten nationalen Rufnummern. Hier kann die Bundesnetzagentur unter anderem gegenüber dem Netzbetreiber, in dessen Netz diese Rufnummer geschaltet ist, die Abschaltung der Rufnummer anordnen. Gegenüber ausländischen Netzbetreibern ist dies jedoch nicht möglich.
Auch in Zusammenarbeit mit verschiedenen ausländischen Regulierungsbehörden konnte weder der Urheber ermittelt noch die massenhafte Versendung der unverlangten Werbefaxe unterbunden werden. Die Bundesnetzagentur hat daher im Rahmen eines Musterverfahrens die Sperrung der von den Rufnummern eingehenden und der zu diesen Rufnummern ausgehenden Verbindungen angeordnet. Vorausgegangen war eine Untersuchung, ob eine solche Anordnung technisch umsetzbar ist. Die Mehrheit der Netzbetreiber hat sowohl die eingehenden Verbindungen von den bekannten ausländischen Rufnummern als auch deren Erreichbarkeit unterbunden.
Pressemitteilung der Bundesnetzagentur vom 25. Oktober 2011
Aktuelle Informationen zum Bank- und Kapitalanlagerecht, Hintergrundinformationen zu Anlagebetrugs- und Anlagehaftungsfällen sowie Verbraucherschutzberichte
Mittwoch, 26. Oktober 2011
Donnerstag, 20. Oktober 2011
Deutscher Bundesbank: Grauer Kapitalmarkt wird stärker reguliert
Finanzausschuss - 19.10.2011
Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch einer stärkeren Regulierung des sogenannten „Grauen Kapitalmarktes“ zugestimmt. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP beschloss der Ausschuss den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagerechts (17/6051). Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen lehnten den Entwurf ab, die Linksfraktion enthielt sich der Stimme. Zuvor hatten Unions- und FDP-Fraktion noch 28 Änderungsanträge beschlossen, während mehrere Änderungsanträge der Oppositionsfraktion abgelehnt wurden.
Mit dem Gesetz werden die Pflichten für Banken und Sparkassen im regulierten Bereich des Kapitalmarktes auf Anbieter im Grauen Markt ausgedehnt. Dazu gehören das aufsichtsrechtliche Gebot, anlegergerecht zu beraten, Provisionen offen zu legen und über ein Beratungsgespräch ein Protokoll zu führen und dem Anleger zur Verfügung zu stellen. Die Berater müssen künftig für die Berufsausübung einen Sachkundenachweis und eine Berufshaftpflichtversicherung vorweisen. Als Aufsicht werden für sie nach dem Vorbild der Aufsicht über Versicherungsvermittler die Gewerbeämter zuständig sein. Auf Antrag der Koalitionsfraktionen wurden außerdem Bestimmungen in den Gesetzentwurf eingefügt, mit dem die Provisionen im Bereich der Kranken- und Lebensversicherung begrenzt werden.
Die SPD-Fraktion verlangte einen noch besseren Schutz der Anleger. So müsse eine es eine regelmäßige Mitteilungspflicht über den Wert einer Anlage geben. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen forderte einen besseren Schutz der Anleger durch Änderung von Verjährungsfristen. Wenn die Rechte der Anleger nicht gestärkt würden, werde es nie zu Korrekturen am Markt kommen, so ein Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der außerdem die Trennung der Aufsicht als falsch bezeichnete. Während für die Finanzinstitute die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zuständig ist, sollen für die Vermittler von Finanzanlagen die Gewerbeämter zuständig sein. Die CDU/CSU-Fraktion wies aber darauf hin, dass mit dem Gesetz beide Aufsichtsbereiche zu einer engen Zusammenarbeit verpflichtet würden. Insgesamt stellte die CDU/CSU-Fraktion fest, mit dem Gesetz werde der Koalitionsvertrag umgesetzt, in dem das Ziel der Regulierung aller Finanzprodukte formuliert worden sei.
Die Trennung der Aufsicht wurde auch von der SPD-Fraktion kritisiert. Die Koalition habe die Interessen von Marktteilnehmern zu stark berücksichtigt, was eine „destruktive Form des Lobbyismus“ sei. Es wäre wichtiger gewesen, wieder Vertrauen und Sicherheit in die Märkte zu bringen.
Dagegen verwies die FDP-Fraktion auf die Anhörung zu dem Gesetzentwurf, in der deutlich geworden sei, dass die BaFin administrativ gar nicht zur Übernahme dieser Aufsichtsaufgaben in der Lage sei. Das „scharfe Schwert“ des Gesetzes sei der Zwang zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung.
Die Linksfraktion bezeichnete es als übertrieben, von einem großen Wurf zu sprechen, wie dies die FDP-Fraktion getan habe. Der „Graue Markt“ werde nicht wirklich reguliert. Auch die vertriebenen Produkte würden nicht reguliert. Mit der Herausnahme von Sparbriefen aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes habe die Koalition dem Druck der Finanzbranche nachgegeben.
Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch einer stärkeren Regulierung des sogenannten „Grauen Kapitalmarktes“ zugestimmt. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP beschloss der Ausschuss den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagerechts (17/6051). Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen lehnten den Entwurf ab, die Linksfraktion enthielt sich der Stimme. Zuvor hatten Unions- und FDP-Fraktion noch 28 Änderungsanträge beschlossen, während mehrere Änderungsanträge der Oppositionsfraktion abgelehnt wurden.
Mit dem Gesetz werden die Pflichten für Banken und Sparkassen im regulierten Bereich des Kapitalmarktes auf Anbieter im Grauen Markt ausgedehnt. Dazu gehören das aufsichtsrechtliche Gebot, anlegergerecht zu beraten, Provisionen offen zu legen und über ein Beratungsgespräch ein Protokoll zu führen und dem Anleger zur Verfügung zu stellen. Die Berater müssen künftig für die Berufsausübung einen Sachkundenachweis und eine Berufshaftpflichtversicherung vorweisen. Als Aufsicht werden für sie nach dem Vorbild der Aufsicht über Versicherungsvermittler die Gewerbeämter zuständig sein. Auf Antrag der Koalitionsfraktionen wurden außerdem Bestimmungen in den Gesetzentwurf eingefügt, mit dem die Provisionen im Bereich der Kranken- und Lebensversicherung begrenzt werden.
Die SPD-Fraktion verlangte einen noch besseren Schutz der Anleger. So müsse eine es eine regelmäßige Mitteilungspflicht über den Wert einer Anlage geben. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen forderte einen besseren Schutz der Anleger durch Änderung von Verjährungsfristen. Wenn die Rechte der Anleger nicht gestärkt würden, werde es nie zu Korrekturen am Markt kommen, so ein Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der außerdem die Trennung der Aufsicht als falsch bezeichnete. Während für die Finanzinstitute die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zuständig ist, sollen für die Vermittler von Finanzanlagen die Gewerbeämter zuständig sein. Die CDU/CSU-Fraktion wies aber darauf hin, dass mit dem Gesetz beide Aufsichtsbereiche zu einer engen Zusammenarbeit verpflichtet würden. Insgesamt stellte die CDU/CSU-Fraktion fest, mit dem Gesetz werde der Koalitionsvertrag umgesetzt, in dem das Ziel der Regulierung aller Finanzprodukte formuliert worden sei.
Die Trennung der Aufsicht wurde auch von der SPD-Fraktion kritisiert. Die Koalition habe die Interessen von Marktteilnehmern zu stark berücksichtigt, was eine „destruktive Form des Lobbyismus“ sei. Es wäre wichtiger gewesen, wieder Vertrauen und Sicherheit in die Märkte zu bringen.
Dagegen verwies die FDP-Fraktion auf die Anhörung zu dem Gesetzentwurf, in der deutlich geworden sei, dass die BaFin administrativ gar nicht zur Übernahme dieser Aufsichtsaufgaben in der Lage sei. Das „scharfe Schwert“ des Gesetzes sei der Zwang zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung.
Die Linksfraktion bezeichnete es als übertrieben, von einem großen Wurf zu sprechen, wie dies die FDP-Fraktion getan habe. Der „Graue Markt“ werde nicht wirklich reguliert. Auch die vertriebenen Produkte würden nicht reguliert. Mit der Herausnahme von Sparbriefen aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes habe die Koalition dem Druck der Finanzbranche nachgegeben.
Dienstag, 18. Oktober 2011
SdK lehnt Zwangskapitalisierung von Banken ab
Die SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK) lehnt eine aktuell auf EU-Ebene diskutierte Zwangskapitalisierung von Banken im Zuge der Staatsschuldenkrise ab und wird diese im Fall der Umsetzung verfassungsrechtlich überprüfen lassen. Eine Zwangskapitalisierung stellt nach Auffassung der SdK einen schwerwiegenden und verfassungsrechtlich bedenklichen Eingriff in die Eigentumsrechte der Eigentümer der Banken dar und führt bei börsennotierten Banken zu einer hohen Verwässerung der Altaktionäre. Auch eine staatliche Zwangskapitalisierung und Kontrolle der Bankinstitute würde das Problem angesichts angespannter Staatshaushalte, Uneinigkeit der europäischen Regierungen und dem Versagen staatlicher Kontrolle, wie man dieses deutlich im Fall der Landesbanken bei Ausbruch der Finanzkrise sehen konnte, nicht nachhaltig lösen und wird von der SdK vehement abgelehnt.
Die SdK fordert die Einführung eines Insolvenzrechtes für Staaten, welches sich an den international üblichen Instrumenten orientiert, die auch bei in Schieflage geratenen Unternehmen angewandt werden. Dies kann unter anderem einen bedingten Schuldenerlass, eine Laufzeitverlängerung der ausstehenden Finanzverbindlichkeiten und eine Zinsreduktion vorsehen. Um ein Übergreifen einer Staatsschuldenkrise auf Banken in Zukunft zu verhindern, sollten aus Sicht der SdK längst überfällige Reformen eingeleitet werden, wie z.B. die Trennung zwischen Geschäfts- und Investmentbanken sowie einheitliche Eigenkapital-Unterlegungsquoten für Staatsanleihen und vergleichbare Unternehmensanleihen.
Ausführliche Erläuterung:
Eine Zwangskapitalisierung bedeutet einen schwerwiegenden und verfassungsrechtlich bedenklichen Eingriff in die Eigentumsrechte der Eigentümer der Banken, bei börsennotierten Banken verbunden mit einer hohen Verwässerung der Altaktionäre. Hierdurch würden den bestehenden Aktionären hohe finanzielle Verluste drohen. Sollten sich die Banken, was aus Sicht der SdK zu erwarten ist, nicht am freien Kapitalmarkt die vorgeschriebenen Mittel besorgen können, würden die Staaten das Geld zur Verfügung stellen müssen. Dies würde, wie von führenden EU-Politikern bereits angedeutet, mit umfassenden Kontroll- und Mitspracherechten bei den betroffenen Instituten verbunden sein. Dass staatliche Kontrolle und Eingriffe bei Banken meist nicht von Erfolg gekrönt sind, hat sich im Kontext der zurückliegenden Bankenkrise eindeutig gezeigt. Dort waren es neben der Hypo Real Estate und der Commerzbank vor allem die Landesbanken, welche sich mit Abstand am schlimmsten verspekuliert hatten. Auch die IKB, welche vom Staat bereits 2007 gerettet werden musste, wurde auch schon davor von Vertretern der staatlichen KfW Bankengruppe im Aufsichtsrat überwacht.
Eine Lösung des Problems der zu hohen Staatsschulden kann nach Meinung der SdK nicht einfach mit einem hohen freiwilligen oder aufgezwungenen Schuldenerlass der Gläubiger der betreffenden Staaten erreicht werden. "Ein Erlass der Schulden in Höhe von aktuell für Griechenland diskutierten 50-60% würde das Problem nur kurzfristig lösen, und für die Zukunft noch größere Probleme verursachen. Denn dies würde aufgrund auftretender Moral Hazard-Problemen im politischen Raum unweigerlich zu Nachahmungseffekten bei anderen hoch verschuldeten Staaten führen. Warum sollte man sparen und seinen Haushalt in Ordnung halten, wenn man sich seiner Schulden ganz einfach per Schuldenschnitt entledigen kann?", so Markus Neumann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der SdK.
Die SdK fordert daher die Einführung eines Insolvenzrechtes für Staaten, welches sich an den international üblichen Instrumenten orientiert, die auch bei in Schieflage geratenen Unternehmen angewandt werden. Dies kann unter anderem einen bedingten Schuldenerlass, eine Laufzeitverlängerung der ausstehenden Finanzverbindlichkeiten und eine Zinsreduktion vorsehen. Mit solchen Instrumenten könnte dann durch Verhandlungen zwischen den jeweiligen Staaten und Ihren Gläubigern ein Gleichgewicht gefunden werden, welches sowohl im Interesse der Staaten als auch deren Gläubiger ist. Ein pauschaler Schuldenschnitt, ohne erkennbare Gegenleistung des betroffenen Staates wäre somit ausgeschlossen, und der Anreiz für andere Staaten, sich ebenfalls zu hoch zu verschulden und eine Umschuldung anzugehen, wäre somit sehr gering.
Um ein Übergreifen einer Staatsschuldenkrise auf Banken in Zukunft zu verhindern, sollten aus Sicht der SdK längst überfällige Reformen eingeleitet werden. So erscheint zum Beispiel eine Trennung zwischen Geschäfts- und Investmentbanken angebracht. Auch ist es nicht nachvollziehbar, warum für Staatsanleihen generell geringere Eigenkapital-Unterlegungsquoten verlangt werden wie für vergleichbare Unternehmensanleihen. Dies zerstört Vertrauen an den Kapitalmärkten, behindert den freien Wettbewerb um Kapital und führt zu Fehlallokationen, wie aktuell am Beispiel Griechenland zu erkennen ist.
Wenn auch die gegenwärtige Krise maßgeblich eine solche des Politikversagens ist - die aktuell erfolgende sprachliche Reduktion auf eine angeblich reine Bankenkrise erscheint geradezu absurd - darf nicht verkannt werden, dass den Finanzbereich inklusive der Versicherungswirtschaft eine erhebliche Mitschuld trifft. Mitläufern gleich sind diese ihrer besonderen Verantwortung aufgrund ihrer exponierten gesellschaftlichen und rechtlichen Stellung, mit der ja auch der besondere Schutz dieses Sektors begründet wird, nicht gerecht geworden. Obwohl es ihnen aufgrund ihrer (Markt-)Macht ein leichtes gewesen wäre, haben sie ihren Einfluss nicht geltend gemacht, um fehlallokative und systemwidrige Deregulierungsmaßnahmen zu verhindern. Stattdessen hat diese Branche gebotene Privilegien devot angenommen, um mit diesen auf Kosten der Allgemeinheit spekulieren zu können, was sich nicht zuletzt im bedenkenlosen Ankauf von Staatsanleihen aus dem Gesichtspunkt des mangelnden Insolvenzrisikos dokumentiert.
Die aktuell diskutierte Zwangskapitalisierung der Banken wird von der SdK abgelehnt und gegebenenfalls von der SdK verfassungsrechtlich überprüft werden. Die Politik sollte im Falle Griechenlands vielmehr die bereits getroffenen Abmachungen mit den Banken vom 21. Juli 2011 umsetzen, und sich nicht weiter von der aktuellen Marktpanik anstecken lassen. Eine "Sanierung" Griechenlands geht nicht von heute auf morgen, sondern wird wie der "Aufbau-Ost" nach der Wiedervereinigung Deutschlands Jahrzehnte dauern. Und diese wird nur ein positives Ende finden, wenn der Druck auf die griechische Regierung, weitere Reformen anzugehen, hoch bleibt. Dies gelingt nur, wenn Griechenland auch in die Pflicht genommen wird, die aufgenommenen Schulden zurückzuzahlen. Ein weitreichender Schuldenerlass wäre hier kontraproduktiv.
München, 17. Oktober 2011
Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e. V.
Die SdK fordert die Einführung eines Insolvenzrechtes für Staaten, welches sich an den international üblichen Instrumenten orientiert, die auch bei in Schieflage geratenen Unternehmen angewandt werden. Dies kann unter anderem einen bedingten Schuldenerlass, eine Laufzeitverlängerung der ausstehenden Finanzverbindlichkeiten und eine Zinsreduktion vorsehen. Um ein Übergreifen einer Staatsschuldenkrise auf Banken in Zukunft zu verhindern, sollten aus Sicht der SdK längst überfällige Reformen eingeleitet werden, wie z.B. die Trennung zwischen Geschäfts- und Investmentbanken sowie einheitliche Eigenkapital-Unterlegungsquoten für Staatsanleihen und vergleichbare Unternehmensanleihen.
Ausführliche Erläuterung:
Eine Zwangskapitalisierung bedeutet einen schwerwiegenden und verfassungsrechtlich bedenklichen Eingriff in die Eigentumsrechte der Eigentümer der Banken, bei börsennotierten Banken verbunden mit einer hohen Verwässerung der Altaktionäre. Hierdurch würden den bestehenden Aktionären hohe finanzielle Verluste drohen. Sollten sich die Banken, was aus Sicht der SdK zu erwarten ist, nicht am freien Kapitalmarkt die vorgeschriebenen Mittel besorgen können, würden die Staaten das Geld zur Verfügung stellen müssen. Dies würde, wie von führenden EU-Politikern bereits angedeutet, mit umfassenden Kontroll- und Mitspracherechten bei den betroffenen Instituten verbunden sein. Dass staatliche Kontrolle und Eingriffe bei Banken meist nicht von Erfolg gekrönt sind, hat sich im Kontext der zurückliegenden Bankenkrise eindeutig gezeigt. Dort waren es neben der Hypo Real Estate und der Commerzbank vor allem die Landesbanken, welche sich mit Abstand am schlimmsten verspekuliert hatten. Auch die IKB, welche vom Staat bereits 2007 gerettet werden musste, wurde auch schon davor von Vertretern der staatlichen KfW Bankengruppe im Aufsichtsrat überwacht.
Eine Lösung des Problems der zu hohen Staatsschulden kann nach Meinung der SdK nicht einfach mit einem hohen freiwilligen oder aufgezwungenen Schuldenerlass der Gläubiger der betreffenden Staaten erreicht werden. "Ein Erlass der Schulden in Höhe von aktuell für Griechenland diskutierten 50-60% würde das Problem nur kurzfristig lösen, und für die Zukunft noch größere Probleme verursachen. Denn dies würde aufgrund auftretender Moral Hazard-Problemen im politischen Raum unweigerlich zu Nachahmungseffekten bei anderen hoch verschuldeten Staaten führen. Warum sollte man sparen und seinen Haushalt in Ordnung halten, wenn man sich seiner Schulden ganz einfach per Schuldenschnitt entledigen kann?", so Markus Neumann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der SdK.
Die SdK fordert daher die Einführung eines Insolvenzrechtes für Staaten, welches sich an den international üblichen Instrumenten orientiert, die auch bei in Schieflage geratenen Unternehmen angewandt werden. Dies kann unter anderem einen bedingten Schuldenerlass, eine Laufzeitverlängerung der ausstehenden Finanzverbindlichkeiten und eine Zinsreduktion vorsehen. Mit solchen Instrumenten könnte dann durch Verhandlungen zwischen den jeweiligen Staaten und Ihren Gläubigern ein Gleichgewicht gefunden werden, welches sowohl im Interesse der Staaten als auch deren Gläubiger ist. Ein pauschaler Schuldenschnitt, ohne erkennbare Gegenleistung des betroffenen Staates wäre somit ausgeschlossen, und der Anreiz für andere Staaten, sich ebenfalls zu hoch zu verschulden und eine Umschuldung anzugehen, wäre somit sehr gering.
Um ein Übergreifen einer Staatsschuldenkrise auf Banken in Zukunft zu verhindern, sollten aus Sicht der SdK längst überfällige Reformen eingeleitet werden. So erscheint zum Beispiel eine Trennung zwischen Geschäfts- und Investmentbanken angebracht. Auch ist es nicht nachvollziehbar, warum für Staatsanleihen generell geringere Eigenkapital-Unterlegungsquoten verlangt werden wie für vergleichbare Unternehmensanleihen. Dies zerstört Vertrauen an den Kapitalmärkten, behindert den freien Wettbewerb um Kapital und führt zu Fehlallokationen, wie aktuell am Beispiel Griechenland zu erkennen ist.
Wenn auch die gegenwärtige Krise maßgeblich eine solche des Politikversagens ist - die aktuell erfolgende sprachliche Reduktion auf eine angeblich reine Bankenkrise erscheint geradezu absurd - darf nicht verkannt werden, dass den Finanzbereich inklusive der Versicherungswirtschaft eine erhebliche Mitschuld trifft. Mitläufern gleich sind diese ihrer besonderen Verantwortung aufgrund ihrer exponierten gesellschaftlichen und rechtlichen Stellung, mit der ja auch der besondere Schutz dieses Sektors begründet wird, nicht gerecht geworden. Obwohl es ihnen aufgrund ihrer (Markt-)Macht ein leichtes gewesen wäre, haben sie ihren Einfluss nicht geltend gemacht, um fehlallokative und systemwidrige Deregulierungsmaßnahmen zu verhindern. Stattdessen hat diese Branche gebotene Privilegien devot angenommen, um mit diesen auf Kosten der Allgemeinheit spekulieren zu können, was sich nicht zuletzt im bedenkenlosen Ankauf von Staatsanleihen aus dem Gesichtspunkt des mangelnden Insolvenzrisikos dokumentiert.
Die aktuell diskutierte Zwangskapitalisierung der Banken wird von der SdK abgelehnt und gegebenenfalls von der SdK verfassungsrechtlich überprüft werden. Die Politik sollte im Falle Griechenlands vielmehr die bereits getroffenen Abmachungen mit den Banken vom 21. Juli 2011 umsetzen, und sich nicht weiter von der aktuellen Marktpanik anstecken lassen. Eine "Sanierung" Griechenlands geht nicht von heute auf morgen, sondern wird wie der "Aufbau-Ost" nach der Wiedervereinigung Deutschlands Jahrzehnte dauern. Und diese wird nur ein positives Ende finden, wenn der Druck auf die griechische Regierung, weitere Reformen anzugehen, hoch bleibt. Dies gelingt nur, wenn Griechenland auch in die Pflicht genommen wird, die aufgenommenen Schulden zurückzuzahlen. Ein weitreichender Schuldenerlass wäre hier kontraproduktiv.
München, 17. Oktober 2011
Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e. V.
Freitag, 7. Oktober 2011
Vorsicht bei Rechtsschutzversicherungen: Kapitalanlagerecht darf nicht ausgeschlossen sein!
Pressemitteilung der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK)
In den letzten Jahren hat eine Vielzahl von Kapitalanlegern, welche einen durch Dritte verursachten Verlust mit ihren Investitionen zu verzeichnen hatten - vor allem die Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers hat zum Totalverlust der von Lehmann emittierten Zertifikate geführt - , feststellen müssen, dass im Schadensfall eine bereits abgeschlossene
Rechtsschutzversicherung die Kosten für eine mögliche und oft angebrachte Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Dritten nicht abdeckt.
Aus Sicht der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK) ist diese Praxis der Versicherungsunternehmen nicht nachvollziehbar. Der Kapitalanlagenrechtsschutz sollte integrativer Bestandteil aller Rechtsschutzversicherungen sein. Dies würde aus Sicht der SdK auch disziplinierend auf die Vermittler- und Beraterbranche und auf die Unternehmen wirken, da somit die Wahrscheinlichkeit steigt, für fehlerhafte Anlageberatung oder das Übermitteln falscher Informationen in Haftung genommen zu werden. Die SdK fordert die Versicherungsbranche daher auf, in Zukunft wieder den seit dem Jahr 2000 fast flächendeckend eingeführten Ausschluss des Kapitalanlagerechts bei Rechtsschutzversicherungen rückgängig zu machen.
Gerade in Zeiten, in denen die eigenverantwortliche Vorsorge für das Alter eine immer existenziellere Bedeutung bekommt, ist ein guter Kapitalanlagenrechtsschutz unerlässlich. "Es kann nicht sein, dass der normale Bürger von der Politik immer wieder aufgefordert wird, für seine Altersvorsorge selbst zu sorgen, sich an einen Finanzberater wendet und dann oftmals Schiffbruch erleidet, leider dann in einer solch prekären Notlage ohne Rettungsboot dasteht. Gerade wenn sich die Ersparnisse in Luft auflösen, benötigt der Sparer einen finanziellen ,Rettungsschirm', um mit Nachdruck seine Ansprüche durchsetzen zu können" erklärt der Siegburger Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Hartmut Göddecke die Notwendigkeit für einen Versicherungsschutz beim Verlust von Kapitalanlagen.
Die SdK hat derweil den Markt für Rechtsschutzversicherungen sondiert. Unter den wenigen Anbietern, welche Kapitalanlagerecht nicht ausgeschlossen haben, erscheint aus Sicht des SdK Versicherungsexperten Erik Altmann das Angebot eines exponierten deutschen Rechtsschutzversicherers am attraktivsten. Altmann hierzu: "Der Tarif KompaktPlus enthält aufgrund der Kombination von Deckungsumfang und Versicherungssumme einen guten Kapitalanlagenrechtsschutz. Kapitalanlagen sind dabei bis zu einer Anlagesumme von 50.000 Euro voll mitversichert. Bei darüber hinausgehenden Beträgen erfolgt die Kostenerstattung anteilig" Die SdK hat daher mit diesem Versicherungsunternehmen eine Sondervereinbarung geschlossen, über
welchen SdK Mitglieder einen günstigeren Zugang zu einer Rechtsschutzversicherung erhalten. Informationen hierzu erhalten Sie unter
089/2020846-0 oder versicherungen@sdk.org.
Quelle: www.sdk.org
In den letzten Jahren hat eine Vielzahl von Kapitalanlegern, welche einen durch Dritte verursachten Verlust mit ihren Investitionen zu verzeichnen hatten - vor allem die Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers hat zum Totalverlust der von Lehmann emittierten Zertifikate geführt - , feststellen müssen, dass im Schadensfall eine bereits abgeschlossene
Rechtsschutzversicherung die Kosten für eine mögliche und oft angebrachte Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Dritten nicht abdeckt.
Aus Sicht der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK) ist diese Praxis der Versicherungsunternehmen nicht nachvollziehbar. Der Kapitalanlagenrechtsschutz sollte integrativer Bestandteil aller Rechtsschutzversicherungen sein. Dies würde aus Sicht der SdK auch disziplinierend auf die Vermittler- und Beraterbranche und auf die Unternehmen wirken, da somit die Wahrscheinlichkeit steigt, für fehlerhafte Anlageberatung oder das Übermitteln falscher Informationen in Haftung genommen zu werden. Die SdK fordert die Versicherungsbranche daher auf, in Zukunft wieder den seit dem Jahr 2000 fast flächendeckend eingeführten Ausschluss des Kapitalanlagerechts bei Rechtsschutzversicherungen rückgängig zu machen.
Gerade in Zeiten, in denen die eigenverantwortliche Vorsorge für das Alter eine immer existenziellere Bedeutung bekommt, ist ein guter Kapitalanlagenrechtsschutz unerlässlich. "Es kann nicht sein, dass der normale Bürger von der Politik immer wieder aufgefordert wird, für seine Altersvorsorge selbst zu sorgen, sich an einen Finanzberater wendet und dann oftmals Schiffbruch erleidet, leider dann in einer solch prekären Notlage ohne Rettungsboot dasteht. Gerade wenn sich die Ersparnisse in Luft auflösen, benötigt der Sparer einen finanziellen ,Rettungsschirm', um mit Nachdruck seine Ansprüche durchsetzen zu können" erklärt der Siegburger Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Hartmut Göddecke die Notwendigkeit für einen Versicherungsschutz beim Verlust von Kapitalanlagen.
Die SdK hat derweil den Markt für Rechtsschutzversicherungen sondiert. Unter den wenigen Anbietern, welche Kapitalanlagerecht nicht ausgeschlossen haben, erscheint aus Sicht des SdK Versicherungsexperten Erik Altmann das Angebot eines exponierten deutschen Rechtsschutzversicherers am attraktivsten. Altmann hierzu: "Der Tarif KompaktPlus enthält aufgrund der Kombination von Deckungsumfang und Versicherungssumme einen guten Kapitalanlagenrechtsschutz. Kapitalanlagen sind dabei bis zu einer Anlagesumme von 50.000 Euro voll mitversichert. Bei darüber hinausgehenden Beträgen erfolgt die Kostenerstattung anteilig" Die SdK hat daher mit diesem Versicherungsunternehmen eine Sondervereinbarung geschlossen, über
welchen SdK Mitglieder einen günstigeren Zugang zu einer Rechtsschutzversicherung erhalten. Informationen hierzu erhalten Sie unter
089/2020846-0 oder versicherungen@sdk.org.
Quelle: www.sdk.org
Sonntag, 2. Oktober 2011
BGH: Fälligkeit des Entschädigungsanspruchs nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz
Der XI. Senat des BGH hat in drei Parallelverfahren entschieden, dass die von den Kapitalanlegern im Zusammenhang mit der Insolvenz der Phoenix Kapitaldienst GmbH gegen die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen geltend gemachten Entschädigungsansprüche fällig sind.
Die Kläger der drei Parallelverfahren beteiligten sich jeweils in unterschiedlicher Höhe mit einem Anlagebetrag zuzüglich eines Agios an dem Phoenix Managed Account, einer von der Phoenix Kapitaldienst GmbH (im Folgenden: P. GmbH) im eigenen Namen und für gemeinsame Rechnung der Anleger verwalteten Kollektivanlage, deren Gegenstand die Anlage der Kundengelder in Termingeschäften (Futures und Optionen) für gemeinsame Rechnung zu Spekulationszwecken mit Vorrang von Stillhaltergeschäften war. Spätestens seit 1998 legte die P. GmbH nur noch einen geringen Teil der von ihren Kunden vereinnahmten Gelder vertragsgemäß in Termingeschäften an. Ein Großteil der Gelder wurde im Wege eines sogenannten Schneeballsystems für Zahlungen an Altanleger und für die laufenden Geschäfts- und Betriebskosten verwendet. An die Kläger wurden keine Auszahlungen geleistet.
Im März 2005 untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht der P. GmbH den weiteren Geschäftsbetrieb und stellte am 15. März 2005 den Entschädigungsfall fest. Am 1. Juli 2005 wurde über das Vermögen der P. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. In der Folgezeit gewährte die Beklagte den Klägern jeweils eine Teilentschädigung. Unter Abzug des Agios und Berücksichtigung der tatsächlich erzielten Gewinne und Verluste sowie der vertraglich vereinbarten Handels- und Bestandsprovisionen errechnete die Beklagte einen Endstand der Beteiligungen und zog hiervon einen Einbehalt wegen eines möglichen Aussonderungsrechts der Kläger an den auf den (Treuhand-)Konten noch vorhandenen Geldern und den gesetzlichen Selbstbehalt von 10 % ab. Insoweit berief sie sich darauf, dass der Insolvenzverwalter über das Vermögen der P. GmbH zur Frage des Bestehens von Aussonderungsrechten Rechtsgutachten eingeholt und Wirtschaftsprüfer beauftragt hatte, die in ihren Gutachten mit unterschiedlichen Berechnungsmethoden zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen. Mit den im Urkundenprozess erhobenen Klagen begehren die Kläger die Auszahlung des wegen eines möglichen Aussonderungsrechts von der P. GmbH jeweils in Abzug gebrachten Einbehalts. Sie sind der Ansicht, der Einbehalt oder - hilfsweise - die Abzüge für Agio und Bestandsprovisionen seien nicht gerechtfertigt. Die Beklagte hält im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2011 (IX ZR 49/10, WM 2011, 798) an ihrer Auffassung, den Klägern stehe an den Einzahlungs- und Brokerkonten der P. GmbH ein Aussonderungs- oder Mitaussonderungsrecht zu, nicht mehr fest. Sie meint jedoch, dass die restlichen Entschädigungsansprüche noch nicht fällig seien. Die im Laufe des Revisionsverfahrens dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetretene Nebenintervenientin, ein dem Entschädigungssystem angeschlossenes Institut, hat die Entschädigungspflicht der Beklagten bereits dem Grunde nach bestritten, weil das Anlagemodell der P. GmbH nicht von dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz erfasst werde.
Das Amtsgericht hat die Klagen abgewiesen. Auf die Berufungen der Kläger hat das Landgericht den Klagen in Höhe eines Teilbetrages von 90 %, d.h. unter Abzug des gesetzlichen Selbstbehalts von 10 %, stattgegeben, die weitergehenden Berufungen zurückgewiesen und der Beklagten die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen der Beklagten zurückgewiesen. Er hat unter Bestätigung seiner früheren Rechtsprechung und in Übereinstimmung mit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts das Phoenix Managed Account als Finanzkommissionsgeschäft angesehen und damit die Entschädigungspflicht der Beklagten dem Grunde nach bejaht. Die Entschädigungseinrichtung hat nach § 5 Abs. 4 Satz 1 EAEG* die Berechtigung und die Höhe eines angemeldeten Entschädigungsanspruchs unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, zu prüfen und diesen gemäß § 5 Abs. 4 Satz 6 EAEG* spätestens drei Monate, nachdem sie die Berechtigung und die Höhe des Anspruchs festgestellt hat, zu erfüllen. Damit ist der Anspruch fällig. Die Entschädigungseinrichtung muss die angemeldeten Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach in eigener Verantwortung prüfen und nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 EAEG* geeignete Maßnahmen treffen, um die Gläubiger innerhalb der gesetzlichen Fristen zu entschädigen. Aufgrund dessen hat sie auftretende Fragen tatsächlicher oder rechtlicher Art selbst zu entscheiden oder kann darüber - wenn und soweit dies angezeigt ist - einen "Musterprozess" führen. Letzteres kann insbesondere bei einer schwierigen, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht geklärten Rechtsfrage in Betracht kommen. Bleibt die Entschädigungseinrichtung dagegen untätig, tritt nach Ablauf der 3-Monats-Frist des § 5 Abs. 4 Satz 6 EAEG* die Fälligkeit der Entschädigungsansprüche ein. Nach diesen Maßgaben hat der Bundesgerichtshof die Fälligkeit der Entschädigungsansprüche bejaht.
Die Beklagte hat die zwischen den Parteien umstrittene Frage des Bestehens eines Aussonderungsrechts nicht selbst entschieden und auch keinen "Musterprozess" geführt, sondern ist untätig geblieben. Den Erlass des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2011 (IX ZR 49/10, WM 2011, 798) durfte sie nicht abwarten. Hierdurch ist zwar entschieden worden, dass den Anlegern an den Einzahlungs- und Brokerkonten der P. GmbH weder ein Aussonderungs- noch ein Mitaussonderungsrecht nach § 47 Abs. 1 InsO zusteht. Dieses von dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der P. GmbH gegen einen Großanleger mit einer Beteiligungssumme von 11.130.000 US-Dollar betriebene Verfahren stellt aber keinen "Musterprozess" im oben genannten Sinne dar. Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte - selbst wenn sie sich an dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin beteiligt hätte - nicht "Herrin" des Verfahrens gewesen wäre und z.B. eine nichtstreitige Erledigung des Rechtsstreits nicht hätte verhindern können. Aufgrund der Untätigkeit der Beklagten durften die Kläger ihre noch jeweils offene Restforderung gerichtlich geltend machen, ohne dass ihnen die Beklagte den Einwand fehlender Fälligkeit entgegenhalten kann.
BGH Urteil vom 20. September 2011 - XI ZR 434/10
LG Berlin - Urteil vom 27. Mai 2010 - 51 S 9/10
AG Berlin - Urteil vom 18. November 2009 - 17 C 399/09
BGH Urteil vom 20. September 2011 - XI ZR 435/10
LG Berlin - Urteil vom 27. Mai 2010 - 51 S 14/10
AG Berlin - Urteil vom 02. Dezember 2009 - 11 C 208/09
BGH Urteil vom 20. September 2011 - XI ZR 436/10
LG Berlin - Urteil vom 27. Mai 2010 - 51 S 27/10
AG Berlin - Urteil vom 11. Dezember 2009 - 15 C 372/09
Die Kläger der drei Parallelverfahren beteiligten sich jeweils in unterschiedlicher Höhe mit einem Anlagebetrag zuzüglich eines Agios an dem Phoenix Managed Account, einer von der Phoenix Kapitaldienst GmbH (im Folgenden: P. GmbH) im eigenen Namen und für gemeinsame Rechnung der Anleger verwalteten Kollektivanlage, deren Gegenstand die Anlage der Kundengelder in Termingeschäften (Futures und Optionen) für gemeinsame Rechnung zu Spekulationszwecken mit Vorrang von Stillhaltergeschäften war. Spätestens seit 1998 legte die P. GmbH nur noch einen geringen Teil der von ihren Kunden vereinnahmten Gelder vertragsgemäß in Termingeschäften an. Ein Großteil der Gelder wurde im Wege eines sogenannten Schneeballsystems für Zahlungen an Altanleger und für die laufenden Geschäfts- und Betriebskosten verwendet. An die Kläger wurden keine Auszahlungen geleistet.
Im März 2005 untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht der P. GmbH den weiteren Geschäftsbetrieb und stellte am 15. März 2005 den Entschädigungsfall fest. Am 1. Juli 2005 wurde über das Vermögen der P. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. In der Folgezeit gewährte die Beklagte den Klägern jeweils eine Teilentschädigung. Unter Abzug des Agios und Berücksichtigung der tatsächlich erzielten Gewinne und Verluste sowie der vertraglich vereinbarten Handels- und Bestandsprovisionen errechnete die Beklagte einen Endstand der Beteiligungen und zog hiervon einen Einbehalt wegen eines möglichen Aussonderungsrechts der Kläger an den auf den (Treuhand-)Konten noch vorhandenen Geldern und den gesetzlichen Selbstbehalt von 10 % ab. Insoweit berief sie sich darauf, dass der Insolvenzverwalter über das Vermögen der P. GmbH zur Frage des Bestehens von Aussonderungsrechten Rechtsgutachten eingeholt und Wirtschaftsprüfer beauftragt hatte, die in ihren Gutachten mit unterschiedlichen Berechnungsmethoden zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen. Mit den im Urkundenprozess erhobenen Klagen begehren die Kläger die Auszahlung des wegen eines möglichen Aussonderungsrechts von der P. GmbH jeweils in Abzug gebrachten Einbehalts. Sie sind der Ansicht, der Einbehalt oder - hilfsweise - die Abzüge für Agio und Bestandsprovisionen seien nicht gerechtfertigt. Die Beklagte hält im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2011 (IX ZR 49/10, WM 2011, 798) an ihrer Auffassung, den Klägern stehe an den Einzahlungs- und Brokerkonten der P. GmbH ein Aussonderungs- oder Mitaussonderungsrecht zu, nicht mehr fest. Sie meint jedoch, dass die restlichen Entschädigungsansprüche noch nicht fällig seien. Die im Laufe des Revisionsverfahrens dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetretene Nebenintervenientin, ein dem Entschädigungssystem angeschlossenes Institut, hat die Entschädigungspflicht der Beklagten bereits dem Grunde nach bestritten, weil das Anlagemodell der P. GmbH nicht von dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz erfasst werde.
Das Amtsgericht hat die Klagen abgewiesen. Auf die Berufungen der Kläger hat das Landgericht den Klagen in Höhe eines Teilbetrages von 90 %, d.h. unter Abzug des gesetzlichen Selbstbehalts von 10 %, stattgegeben, die weitergehenden Berufungen zurückgewiesen und der Beklagten die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen der Beklagten zurückgewiesen. Er hat unter Bestätigung seiner früheren Rechtsprechung und in Übereinstimmung mit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts das Phoenix Managed Account als Finanzkommissionsgeschäft angesehen und damit die Entschädigungspflicht der Beklagten dem Grunde nach bejaht. Die Entschädigungseinrichtung hat nach § 5 Abs. 4 Satz 1 EAEG* die Berechtigung und die Höhe eines angemeldeten Entschädigungsanspruchs unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, zu prüfen und diesen gemäß § 5 Abs. 4 Satz 6 EAEG* spätestens drei Monate, nachdem sie die Berechtigung und die Höhe des Anspruchs festgestellt hat, zu erfüllen. Damit ist der Anspruch fällig. Die Entschädigungseinrichtung muss die angemeldeten Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach in eigener Verantwortung prüfen und nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 EAEG* geeignete Maßnahmen treffen, um die Gläubiger innerhalb der gesetzlichen Fristen zu entschädigen. Aufgrund dessen hat sie auftretende Fragen tatsächlicher oder rechtlicher Art selbst zu entscheiden oder kann darüber - wenn und soweit dies angezeigt ist - einen "Musterprozess" führen. Letzteres kann insbesondere bei einer schwierigen, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht geklärten Rechtsfrage in Betracht kommen. Bleibt die Entschädigungseinrichtung dagegen untätig, tritt nach Ablauf der 3-Monats-Frist des § 5 Abs. 4 Satz 6 EAEG* die Fälligkeit der Entschädigungsansprüche ein. Nach diesen Maßgaben hat der Bundesgerichtshof die Fälligkeit der Entschädigungsansprüche bejaht.
Die Beklagte hat die zwischen den Parteien umstrittene Frage des Bestehens eines Aussonderungsrechts nicht selbst entschieden und auch keinen "Musterprozess" geführt, sondern ist untätig geblieben. Den Erlass des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2011 (IX ZR 49/10, WM 2011, 798) durfte sie nicht abwarten. Hierdurch ist zwar entschieden worden, dass den Anlegern an den Einzahlungs- und Brokerkonten der P. GmbH weder ein Aussonderungs- noch ein Mitaussonderungsrecht nach § 47 Abs. 1 InsO zusteht. Dieses von dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der P. GmbH gegen einen Großanleger mit einer Beteiligungssumme von 11.130.000 US-Dollar betriebene Verfahren stellt aber keinen "Musterprozess" im oben genannten Sinne dar. Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte - selbst wenn sie sich an dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin beteiligt hätte - nicht "Herrin" des Verfahrens gewesen wäre und z.B. eine nichtstreitige Erledigung des Rechtsstreits nicht hätte verhindern können. Aufgrund der Untätigkeit der Beklagten durften die Kläger ihre noch jeweils offene Restforderung gerichtlich geltend machen, ohne dass ihnen die Beklagte den Einwand fehlender Fälligkeit entgegenhalten kann.
BGH Urteil vom 20. September 2011 - XI ZR 434/10
LG Berlin - Urteil vom 27. Mai 2010 - 51 S 9/10
AG Berlin - Urteil vom 18. November 2009 - 17 C 399/09
BGH Urteil vom 20. September 2011 - XI ZR 435/10
LG Berlin - Urteil vom 27. Mai 2010 - 51 S 14/10
AG Berlin - Urteil vom 02. Dezember 2009 - 11 C 208/09
BGH Urteil vom 20. September 2011 - XI ZR 436/10
LG Berlin - Urteil vom 27. Mai 2010 - 51 S 27/10
AG Berlin - Urteil vom 11. Dezember 2009 - 15 C 372/09
Samstag, 1. Oktober 2011
Bundesgerichtshof entscheidet über zwei Schadensersatzklagen von Lehman-Anlegern
Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in zwei Parallelverfahren erstmals über Schadensersatzklagen von Anlegern im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. entschieden.
In der Sache XI ZR 178/10 hatte der Anleger im Dezember 2006 auf Empfehlung einer Mitarbeiterin der beklagten Sparkasse einen Betrag in Höhe von 10.000 € in eine "ProtectExpress-Anleihe" investiert. In der Parallelsache XI ZR 182/10 hatte die dortige Klägerin im Oktober 2007 auf Empfehlung eines Mitarbeiters derselben Sparkasse für 10.000 € eine "Bull Express Garant Anleihe" erworben. In beiden Fällen handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung hingen bei der "ProtectExpress-Anleihe" von der Wertentwicklung eines aus 10 Titeln des DAX 30-Index bestehenden Aktienkorbs ("Lehman Brothers Deutschland Dividend Basket") und bei der "Bull Express Garant Anleihe" von der Wertentwicklung des Aktienindex EuroStoxx 50 ab. Bei beiden Anleihen sollte der Anleger im für ihn ungünstigsten Fall den angelegten Betrag am Laufzeitende ohne Zinsen zurück erhalten.
Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihren Klagen verlangen die Anleger, die der beklagten Sparkasse mehrere Aufklärungspflichtverletzungen vorwerfen, im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages zuzüglich des Ausgabeaufschlages nebst Zinsen.
Das Landgericht hat den Klagen stattgegeben. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klagen abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Kläger hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen habe die Beklagte in beiden Fällen ihre Pflicht zur anleger- und objektgerechten Beratung nicht verletzt. Für die beklagte Sparkasse sei nach den unangegriffenen berufungsgerichtlichen Feststellungen zum Zeitpunkt des jeweiligen Beratungsgesprächs ein konkretes Insolvenzrisiko der Emittentin bzw. der Garantiegeberin nicht erkennbar gewesen; auch die Kläger hätten nichts anderes behauptet. Die Beklagte sei allerdings zur Aufklärung über das bei Zertifikaten der vorliegenden Art vom Anleger zu tragende sog. allgemeine Emittentenrisiko, wonach die Rückzahlung des angelegten Kapitals von der Zahlungsfähigkeit des Emittenten abhängt, verpflichtet gewesen. Dieser Verpflichtung sei sie indes nachgekommen. Das Berufungsgericht habe jeweils rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Anleger über das Risiko, bei einer Lehman-Insolvenz die Anlagesummen vollständig zu verlieren, hinreichend belehrt worden seien. In einem solchen Falle bedürfe es keiner zusätzlichen Aufklärung darüber, dass die streitgegenständlichen Zertifikate keinem Einlagensicherungssystem unterfielen, weil einer dahingehenden Information keine eigenständige Bedeutung zukomme.
Zu Recht habe das Berufungsgericht ferner eine Aufklärungspflicht der beklagten Sparkasse über die Gewinnmarge der von ihr verkauften Zertifikate verneint. Eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfehle, sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erziele; denn in einem solchen Fall sei es für den Kunden offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolge, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden müsse. Nichts anderes gelte, wenn - wie dies hier nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts in beiden Sachen der Fall war - fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (Festpreisgeschäft) zu einem über dem Einkaufspreis der Bank liegenden Preis veräußert werden. Dem stehe auch weder die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen noch diejenige zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen, weil die Gewinnmarge beim Eigengeschäft keiner dieser beiden Fallgruppen zugeordnet werden könne.
Für die von den Anlegern geltend gemachten Schadensersatzansprüche sei schließlich ohne Belang, ob ihnen bekannt gewesen sei, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege des Eigengeschäfts der Beklagten erfolgt sei. Zu einer diesbezüglichen Informationspflicht sei die Beklagte vertraglich nicht verpflichtet gewesen. Die Annahme einer Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft laufe nämlich, wie schon das Berufungsgericht zutreffend angenommen habe, auf die als solche für den Anleger bedeutungslose Information hinaus, dass die Bank ihn über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären habe.
Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10 LG Hamburg - Urteil vom 23. Juni 2009 - 319 O 4/09 OLG Hamburg - Urteil vom 23. April 2010 - 13 U 118/09
und
Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10 LG Hamburg - Urteil vom 1. Juli 2009 - 325 O 22/09 OLG Hamburg - Urteil vom 23. April 2010 - 13 U 117/10 (veröffentlicht WM 2010, 1029)
Karlsruhe, den 27. September 2011
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
In der Sache XI ZR 178/10 hatte der Anleger im Dezember 2006 auf Empfehlung einer Mitarbeiterin der beklagten Sparkasse einen Betrag in Höhe von 10.000 € in eine "ProtectExpress-Anleihe" investiert. In der Parallelsache XI ZR 182/10 hatte die dortige Klägerin im Oktober 2007 auf Empfehlung eines Mitarbeiters derselben Sparkasse für 10.000 € eine "Bull Express Garant Anleihe" erworben. In beiden Fällen handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung hingen bei der "ProtectExpress-Anleihe" von der Wertentwicklung eines aus 10 Titeln des DAX 30-Index bestehenden Aktienkorbs ("Lehman Brothers Deutschland Dividend Basket") und bei der "Bull Express Garant Anleihe" von der Wertentwicklung des Aktienindex EuroStoxx 50 ab. Bei beiden Anleihen sollte der Anleger im für ihn ungünstigsten Fall den angelegten Betrag am Laufzeitende ohne Zinsen zurück erhalten.
Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihren Klagen verlangen die Anleger, die der beklagten Sparkasse mehrere Aufklärungspflichtverletzungen vorwerfen, im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages zuzüglich des Ausgabeaufschlages nebst Zinsen.
Das Landgericht hat den Klagen stattgegeben. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klagen abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Kläger hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen habe die Beklagte in beiden Fällen ihre Pflicht zur anleger- und objektgerechten Beratung nicht verletzt. Für die beklagte Sparkasse sei nach den unangegriffenen berufungsgerichtlichen Feststellungen zum Zeitpunkt des jeweiligen Beratungsgesprächs ein konkretes Insolvenzrisiko der Emittentin bzw. der Garantiegeberin nicht erkennbar gewesen; auch die Kläger hätten nichts anderes behauptet. Die Beklagte sei allerdings zur Aufklärung über das bei Zertifikaten der vorliegenden Art vom Anleger zu tragende sog. allgemeine Emittentenrisiko, wonach die Rückzahlung des angelegten Kapitals von der Zahlungsfähigkeit des Emittenten abhängt, verpflichtet gewesen. Dieser Verpflichtung sei sie indes nachgekommen. Das Berufungsgericht habe jeweils rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Anleger über das Risiko, bei einer Lehman-Insolvenz die Anlagesummen vollständig zu verlieren, hinreichend belehrt worden seien. In einem solchen Falle bedürfe es keiner zusätzlichen Aufklärung darüber, dass die streitgegenständlichen Zertifikate keinem Einlagensicherungssystem unterfielen, weil einer dahingehenden Information keine eigenständige Bedeutung zukomme.
Zu Recht habe das Berufungsgericht ferner eine Aufklärungspflicht der beklagten Sparkasse über die Gewinnmarge der von ihr verkauften Zertifikate verneint. Eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfehle, sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erziele; denn in einem solchen Fall sei es für den Kunden offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolge, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden müsse. Nichts anderes gelte, wenn - wie dies hier nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts in beiden Sachen der Fall war - fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (Festpreisgeschäft) zu einem über dem Einkaufspreis der Bank liegenden Preis veräußert werden. Dem stehe auch weder die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen noch diejenige zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen, weil die Gewinnmarge beim Eigengeschäft keiner dieser beiden Fallgruppen zugeordnet werden könne.
Für die von den Anlegern geltend gemachten Schadensersatzansprüche sei schließlich ohne Belang, ob ihnen bekannt gewesen sei, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege des Eigengeschäfts der Beklagten erfolgt sei. Zu einer diesbezüglichen Informationspflicht sei die Beklagte vertraglich nicht verpflichtet gewesen. Die Annahme einer Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft laufe nämlich, wie schon das Berufungsgericht zutreffend angenommen habe, auf die als solche für den Anleger bedeutungslose Information hinaus, dass die Bank ihn über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären habe.
Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10 LG Hamburg - Urteil vom 23. Juni 2009 - 319 O 4/09 OLG Hamburg - Urteil vom 23. April 2010 - 13 U 118/09
und
Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10 LG Hamburg - Urteil vom 1. Juli 2009 - 325 O 22/09 OLG Hamburg - Urteil vom 23. April 2010 - 13 U 117/10 (veröffentlicht WM 2010, 1029)
Karlsruhe, den 27. September 2011
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