Donnerstag, 28. März 2019

OLG Frankfurt am Main: Preisklauseln für Basiskonto unangemessen

Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 27. Februar 2019

Ein monatlicher Grundpreis von 8,99 € sowie Kosten von 1,50 € für eine beleghafte Überweisung im Rahmen eines Basiskontos sind unangemessen hoch und damit unwirksam. Basiskonten müssen zwar nicht als günstigstes Kontomodell eines Kreditinstituts angeboten werden, die Preise sollen aber das durchschnittliche Nutzerverhalten dieser Kontoinhaber angemessen widerspiegeln, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute verkündetem Urteil.

Der Kläger ist ein Verbraucherverband. Er wendet sich gegen zwei Preisklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des beklagten deutschen Kreditinstituts. Sie betreffen das sog. Basiskonto der Beklagten. Die Beklagte verlangt dort einen monatlichen Grundpreis von 8,99 € sowie 1,50 € für eine „beleghafte Überweisung (SEPA) bzw. Überweisung über einen Mitarbeiter im telefonischen Kundenservice oder der Filiale“. Sie bietet Kontenmodelle zwischen 0,00 € und 9,99 € monatlich an.

Der Kläger hält die Preisklauseln des Basiskontos hinsichtlich des Grundpreise und der Überweisungskosten für unangemessen hoch.

Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Bank hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Bei den angegriffenen Klauseln handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, stellt das OLG klar. Sie seien kontrollfähig, soweit sie von gesetzlichen Preisregelungen abwichen. Dies sei bei sog. Basiskontoverträgen der Fall. Bei Basiskonten handele es sich um Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen für besonders schutzbedürftige Verbraucher. Das Zahlungskontengesetz (ZKG) enthalte für diese Konten Grundregelungen zur Bestimmung eines angemessenen Entgelts. Von diesen Vorschriften dürfe nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Die hier angegriffenen Klauseln seien mit wesentlichen Grundgedanken dieser gesetzlichen Regelungen nicht zu vereinbaren und benachteiligten die Kunden der Beklagten entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen.

Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit seien die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten unter Berücksichtigung des Umfangs der von der Bank zu erbringenden Leistungen. Besondere Bedeutung erlange hier, dass „die wirtschaftliche Lage der betroffenen Verbraucher, die Basiskonten beantragen, regelmäßig angespannt ist, weshalb zugrunde gelegt werden kann, dass sie regelmäßig nur wenige Zahlungen über das Basiskonto abwickeln“. Nutzer des Basiskontos seien zwar zum Teil Personen, die individuelle Hilfe bei der Erledigung der Zahlungsvorgänge benötigten. Zu einem anderen Teil handele es sich aber auch um Verbraucher mit einer hohen Affinität zu Mobilgeräten, die ihre Bankgeschäfte selbständig online erledigten. Die Bank sei zwar im Hinblick auf den dargestellten Aufwand nicht verpflichtet, das Basiskonto als günstigstes Modell anzubieten. Die Höhe des Entgelts müsse aber „das durchschnittliche Nutzerverhalten aller Kontoinhaber angemessen widerspiegeln“. Dies könne hier nicht festgestellt werden. Die Beklagte lege vielmehr zahlreiche Kostenelemente auf die Kunden des Basiskontenmodells um, mit denen sie die Kunden vergleichbarer anderer Kontenmodelle nicht belaste. Zudem wälze sie zahlreiche Kostenpositionen auf die Nutzer eines Basiskontos ab, die „Ausfluss gesetzlicher Prüfungen oder Informationspflichten seien sowie die Ausbuchungen von ausgefallenen Kundengeldern anderer Basiskontobesitzer betreffen“. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei es jedoch unzulässig, Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden zu verlagern, zu denen die Beklagte gesetzlich verpflichtet sei oder die sie überwiegend im eigenen Interesse erbringe.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, da die Sache im Hinblick auf eine unbestimmte Vielzahl von betroffenen Basiskonteninhabern und Bankinstituten grundsätzliche Bedeutung habe.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 27.02.2019, Az. 19 U 104/18
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 08.05.2018, Az. 2/28 O 98/17)

Das Urteil ist in Kürze im Volltext unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de abrufbar.

Erläuterungen:

Das Zahlungskontengesetz setzt die Zahlungskontenrichtlinie der EU (RL 2014/92 EU) um. Ziel dieser Richtlinie ist es, kontolosen, schutzbedürftigen Verbrauchern den Zugang zu Zahlungskonten zu ermöglichen, weil ein Leben ohne Girokonto praktisch nicht möglich sei. Diese Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen sollen zu besonders vorteilhaften Bedingungen, beispielsweise unentgeltlich, angeboten werden (Erwägungsgrund 46 RL 2014/92 EU). Deutschland hat diese Richtlinie durch das Zahlungskontengesetzes (ZKG) vom 19.6.2016 umgesetzt und das „Basiskonto“ eingeführt.

§ 41 Zahlungskontengesetz Entgelte, Kosten und Verbot von Vertragsstrafen

(1) Der Kontoinhaber ist verpflichtet, an das kontoführende Institut für die Erbringung von Diensten auf Grund des Basiskontovertrags das vereinbarte Entgelt zu entrichten.

(2) Das Entgelt für die von § 38 erfassten Dienste muss angemessen sein. Für die Beurteilung der Angemessenheit sind insbesondere die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten zu berücksichtigen. Die Sätze 1 und 2 gelten für Vereinbarungen über vom Kontoinhaber zu erstattende Kosten entsprechend.

(3) ...

Mittwoch, 27. März 2019

Verbraucherzentrale Baden-Württemberg: Negativzins unzulässig

Entscheidung des Oberlandesgericht Stuttgart: Klage der Verbraucherzentrale gegen Kreissparkasse Tübingen erfolgreich

· Die von der Kreissparkasse Tübingen in ihrem Riester Banksparplan „VorsorgePlus“ verwendete Zinsanpassungsklausel ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart rechtswidrig

· Eine „negative“ Grundverzinsung, wie sie von der Kreissparkasse Tübingen durch Preisaushang bekannt gemacht und mit Bonuszinsen verrechnet wurde, ist damit für diesen Vertrag ausgeschlossen


Stuttgart, 27.03.2019 – Die Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Kreissparkasse Tübingen ist in zweiter Instanz erfolgreich. Die Sparkasse verwendet in ihrem Riester Banksparplan „VorsorgePlus“ eine auch nach Auffassung des OLG Stuttgart rechts­­widrige Klausel zur Zinsanpassung. Damit sind die von der Sparkasse in ihrem Preisverzeichnis mitgeteilten negativen Grund­verzinsungen für den „VorsorgePlus“ Vertrag hinfällig (OLG Stuttgart, (Az 4 U 184718, Urteil vom 27.3.2019, nicht rechtskräftig).

Die von der Kreissparkasse Tübingen für ihren Riester Banksparplan „VorsorgePlus“ verwendete Zinsanpassungsklausel ist rechtswidrig. Mit dieser Entscheidung folgt das Oberlandesgericht Stuttgart der Rechts­auffassung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Wir begrüßen die Entscheidung und freuen uns über die Klärung im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher. Negative Grundzinsen wieder­sprechen dem Grundgedanken der Altersvorsorge und haben in diesen Verträgen nichts zu suchen“, bewertet Niels Nauhauser, Abteilungs­leiter Altersvorsorge, Banken und Kredite bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg die Entscheidung. „Sollte das Urteil gegen die Sparkasse rechtskräftig werden, müsste sie allen Kunden die Negativzinsen, die sie vom Bonuszins abgezogen hat, rückwirkend gutschreiben“.

Die Kreissparkasse Tübingen hatte in ihrem Riester Banksparplan „VorsorgePlus“ über den Preisaushang eine negative Grundverzinsung bekannt gegeben. Dabei geht es nicht um juristische Details, wie die Kreissparkasse in ihrer jüngsten Pressemeldung mitteilt: „Mit einer negativen Grundverzinsung wird durch die Verrechnung der Bonuszins geschmälert, der mit den Verbrauchern zusätzlich vertraglich vereinbart war“, sagt Nauhauser.

Auch die Pressemeldung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg vom 2.8.2017, mit der sie über diesen Fall die Öffentlichkeit informierte, war Gegenstand des Verfahrens und darf nach Urteil des OLG nun nicht mehr verbreitet werden. „Uns ging es stets darum, gegenüber Verbrauchern ein komplexes Problem verständlich darzustellen: Ein negativer Grundzins ist nichts anderes als ein Entgelt, und dieses verringert unterm Strich den vereinbarten Bonuszins, den Verbraucher ohne negative Verzinsung erwarten dürften“, kommentiert Nauhauser.

Sonntag, 10. März 2019

Anlagebetrugsfall P&R Container: Von Heinz Roth wohl fast nichts zu holen

Heinz Roth, der Gründer des Schiffscontainerfirma P&R, steht wegen gewerbsmäßigen Betrugs sowie Steuerhinterziehung vor Gericht. Roths Verbindlichkeiten werden auf mehr als eine Milliarde Euro geschätzt; dem gegenüber stehen Vermögenswerte, die wohl nur zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichen. Die Tageszeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) kommt daher zu dem Schluss, dass für die P&R-Gläubiger "allenfalls eine marginale Quote von deutlich weniger als einem Prozent zu erwarten" sei.

Dienstag, 5. März 2019

BaFin: 69 Brokers kein nach § 32 KWG zugelassenes Institut

Die BaFin weist darauf hin, dass sie dem Unternehmen 69 Brokers, Birmingham, UK, keine Erlaubnis gemäß § 32 Kreditwesengesetz (KWG) zum Betreiben von Bankgeschäften oder Erbringen von Finanzdienstleistungen erteilt hat. Das Unternehmen untersteht nicht der Aufsicht der BaFin.

69 Brokers bietet Interessenten auf der Internetseite www.69brokers.com Dienstleistungen im Rahmen einer Online-Handelsplattform für verschiedene Finanzinstrumente an.

Das Unternehmen nutzt dabei unberechtigt ein BaFin-Logo um eine Aufsicht der BaFin vorzutäuschen, es besteht der Verdacht dass das Unternehmen auch in seiner Korrespondenz widerrechtlich Logos bzw. Briefköpfe der BaFin nutzt.

Quelle: BaFin

Pushfor Investments Inc.: BaFin warnt vor Kaufempfehlungen für Aktien

Nach Informationen der BaFin werden derzeit die Aktien der Pushfor Investments Inc. (ISIN: CA74643E1079) intensiv durch Börsenbriefe zum Kauf empfohlen.

Die BaFin rät allen Anlegern, die in den Kaufempfehlungen gemachten Angaben mit Hilfe anderer Quellen sehr genau zu überprüfen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Anlegern die Aktien sehr offensiv zum Kauf empfohlen werden, die in Aussicht gestellten Gewinne extrem hoch sind und/oder Anleger unter Zeitdruck gesetzt werden.

Häufig dienen solche E-Mails lediglich dazu, Anleger zum Kauf von bestimmten Aktien zu verleiten, damit die Absender von steigenden Kursen dieser Aktien profitieren.

Die Aktien der Gesellschaft sind in Deutschland an den Börsen Frankfurt am Main, München, Stuttgart und Tradegate in den Freiverkehr einbezogen.

Quelle: BaFin