Donnerstag, 5. April 2007

Darlehen für Teilnahme an einem Schneeballsystem sittenwidrig

LG München I, Urteil vom 22. März 2007, Az. 10 O 25455/05 (nicht rechtskräftig)

Wer einem anderen ein Darlehen zur Teilnahme an einem so genannten Schenkkreis gewährt, kann den Darlehensbetrag nicht zurückfordern. Dies hat das Landgericht München I entschieden und damit die bestehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Sittenwidrigkeit des Schneeballsystems «Schenkkreis» nun auch auf zugrunde liegende Darlehensverträge erweitert.

Hintergrund: Schenkkreise

Schenkkreise sind nach Art einer Pyramide organisiert. Die an der Spitze stehenden Mitglieder des «Empfängerkreises» erhalten von ihnen nachgeordneten «Geberkreisen» bestimmte Geldbeträge «geschenkt». Darauf scheiden die «Beschenkten» aus dem «Spiel» aus. An ihre Stelle treten die Mitglieder der nächsten Ebene, die nunmehr in die Empfängerposition aufrücken. Es gilt dann, genügend Teilnehmer für neu zu bildende Geberkreise zu finden, die bereit sind, den festgelegten Betrag an die in den Empfängerkreis aufgerückten Personen zu zahlen. Die Anwerbung ist Sache der auf der untersten Reihe verbliebenen «Mitspieler». Bei Schenkkreisen handelt es sich somit um Schneeballsysteme. Diese sind darauf angelegt, den ersten «Mitspielern» einen sicheren Gewinn zu verschaffen, während die große Masse der späteren Teilnehmer keine Chance auf einen Gewinn hat und ihren Einsatz verliert. Denn in absehbarer Zeit kann die für das Aufrücken der immer größer werdenden Zahl von «Gebern» in den Empfängerkreis notwendige, exponentiell größer werdende Zahl von «Schenkern» nicht mehr gewonnen werden.

Sachverhalt

In dem entschiedenen Fall hatte die Klägerin der Beklagten ein Darlehen von 5.000 Euro gewährt, damit diese an einem Schenkkreis teilnehmen konnte. Auch die Klägerin nahm mit 5.000 Euro an dem Schenkkreis teil. Mit den 10.000 Euro wurde eine Bekannte der Beklagten «ausgelöst» und Klägerin und Beklagte nahmen die Position der Bekannten in dem Schenkkreis ein. Durch die Aufteilung auf zwei Personen sollte es einfacher werden, weitere Personen zur Teilnahme zu bewegen. Die Klägerin und die Beklagte gingen jedoch leer aus, da der Schenkkreis mangels neuer Teilnehmer zusammenbrach, bevor sie Gelder erhalten hatten. Die Klägerin forderte nun von der Beklagten den Darlehensbetrag von 5.000 Euro vor dem LG zurück.

Sittenwidrigkeit der Spielvereinbarung erfasst Darlehensvertrag

Das Gericht stellte jedoch fest, dass der Darlehensvertrag sittenwidrig und damit nichtig ist. Es verwies auf die Rechtsprechung des BGH, nach der die einem Schenkkreis zugrunde liegende Spielvereinbarung sittenwidrig und damit nichtig ist. Dieser Makel der Sittenwidrigkeit erfasst nach Ansicht des LG München I auch die Darlehensvereinbarung. Die Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrags könne nicht losgelöst von seinem Zweck beurteilt werden, sondern nur im Licht des damit Bezweckten.

Kein Rückforderungsanspruch der Klägerin

Die Klägerin könne ihr Geld nicht zurückverlangen, führte das LG weiter aus. Denn auch sie selbst habe sittenwidrig gehandelt. Das staatliche Rechtssystem stelle sich nicht zur Rückabwicklung sittenwidriger Geschäfte zur Verfügung, so das Gericht. Wer sich auf solche einlasse, tue dies auf eigenes Risiko. Bei einem Scheitern müsse es daher bei dem Status quo verbleiben. Der Ausschluss der Rückforderung eines solchen Darlehens stellt nach Ansicht des LG für die Initiatoren von Schenkkreisen keinen Anreiz zum Weitermachen dar. Im Gegenteil führe ein Ausschluss der Rückforderung dazu, potentielle Darlehensgeber abzuschrecken. Denn sie trügen das Risiko, das Darlehen nicht gerichtlich zurückfordern zu können. Damit werde die Förderung der Teilnahme an Schenkkreisen erschwert.

beck-aktuell-Redaktion

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