OLG München, Urteil vom 27.4.2006 – 19 U 3717/04
Leitsätze des Gerichts:
1. Eine Bank, die sich für den Abschluss von Darlehensverträgen selbstständiger Vermittler bedient, kann sich nicht über deren behauptete Vorgehensweise in Unkenntnis halten und diese pauschal oder mit Nichtwissen bestreiten.
2. Aus der auf persönliche Weisung des Anlegers erfolgten Auszahlung der Darlehensvaluta auf ein von einem Treuhänder für den Anleger errichtetes Konto ergibt sich eine Duldungsvollmacht für den Treuhänder, über dieses Konto auch zu verfügen (Abweichung von BGH ZIP 2005, 1357 = NJW 2005, 2985).
3. Die vom Europäischen Gerichtshof in seinen Entscheidungen vom 25.10.2005 (ZIP 2005, 1959 = NJW 2005, 3551 und ZIP 2005, 1965 = NJW 2005, 3555) von den Mitgliedstaaten geforderten Maßnahmen, damit nicht der Verbraucher die Folgen der Verwirklichung von sich aus einer Nichtbelehrung über das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz ergebenden Risiken zu tragen hat, können nach deutschem Recht in folgender Weise angemessen umgesetzt werden (z.T. gegen OLG Bremen v. 2.3.2006 – 2 U 20/02, ZIP 2006, 654 = NJW 2006, 1210):
a) Eine Nichtbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz stellt eine objektive vorvertragliche Pflichtverletzung des Kreditinstituts dar, die Schadensersatzansprüche auslösen kann.
b) Die haftungsausfüllende Kausalität dieser Pflichtverletzung zu einem Erwerbsvertrag als Schaden kann aber in der Regel nur bestehen, wenn der Darlehensvertrag zeitlich vor dem Erwerbsvertrag geschlossen wurde. Weiter wäre erforderlich, dass der Anleger im Falle der Belehrung über sein Widerrufsrecht dieses Recht auch tatsächlich ausgeübt hätte. Eine Vermutung für ein „belehrungsrichtiges Verhalten“ kommt ihm dabei nicht zustatten.
c) Eine verschuldensunabhängige Haftung für vorvertragliche Pflichtverletzungen ist dem deutschen Recht fremd. Ein Verschulden der Kreditinstitute erscheint jedoch denkbar (hier nicht entscheidungserheblich).
4. Nach dem Widerruf eines Realkreditvertrages hat der Darlehensgeber nach deutschem Recht Anspruch auf die Erstattung des ausgezahlten Nettokreditbetrages und dessen marktübliche Verzinsung. Für eine Relativierung dieser Rechtsfolge besteht im Hinblick auf die gesetzliche Regelung (hier § 3 HWiG a.F.) und das Trennungsprinzip weder Anlass noch Möglichkeit.
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