Montag, 26. Juli 2010

SdK: Banken kommen Protokollpflicht nicht nach

Ein aktueller Praxistest der Stiftung Warentest hat ergeben, dass deutsche Finanzinstitute ihrer Pflicht zur Protokollierung der Beratungsgespräche nicht nachkommen. Zudem ließe dem Test zur Folge die Erhebung der finanziellen Situation von Neukunden zu wünschen übrig.

Durch die seit Januar 2010 geltende Protokollpflicht sollen die Rechte der Anleger bei einer Falschberatung verbessert werden. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK) warnt aber schon länger davor, dass genau das Gegenteil eintreten könnte und hat aus diesem Grund ein Musterberatungsprotokoll mit erklärenden Erläuterungen sowie ein Verfahren zur Erstellung des eigenen Anlegerprofils entwickelt. Weitere Informationen finden sich unter www.sdk.org.

Die SdK befürchtet konkret, dass die Banken auf die Protokollpflicht mit standardisierten Formularen reagieren werden, die vom Berater ausgefüllt werden. Dabei wird, so befürchtet die SdK, nicht das Wertpapier dem Kundenprofil, sondern das Kundenprofil dem Wertpapier angepasst. Ausgehend von der bisherigen Beratungspraxis darf auch bezweifelt werden, dass über das Protokoll wirklich alle für eine anlegergerechte Beratung notwendigen Sachverhalte abgefragt werden.

Für Anleger, die hier nicht auf der Hut sind, könnte im Fall einer Falschberatung die neue Protokollpflicht somit leicht zum Nachteil werden. Der auf Kapitalanlagerecht spezialisierte Anwalt Alexander Elsmann, der für die SdK u.a. die Rechtshotline betreut, warnt: „Die Berater werden nach unseren Erkenntnissen gerade geschult, wie die Protokolle auszufüllen sind, damit eine Falschberatung möglichst schwer nachweisbar bleibt.“

Mit Blick auf die Altersvorsorge muss sich der Anleger darüber im Klaren sein, dass es sich bei dem Beratungsprotokoll um eines der wichtigsten Dokumente in seinem Leben handelt. Der Anleger stellt hiermit nicht nur die Weichen für die Altersvorsorge. Dieses Protokoll ist im Fall eines Kapitalverlustes auch das stärkste Beweismittel, um Fehler des Beraters nachweisen zu können. Damit der Anleger nicht nur auf die Standardformulare der Banken angewiesen ist, hat die SdK zusammen mit Rechtsanwalt Elsmann für ihre Mitglieder ein Musterberatungsprotokoll entwickelt, das über den Bankenstandard hinausgeht. Ergänzt wird das Protokoll durch Erläuterungen, die den Anleger für die typischen Fragekomplexe sensibilisieren sollen. Der reine Dokumentationszweck wird durch das Musterprotokoll um den Schulungsaspekt ergänzt.

Ganz grundsätzlich rät die SdK Anlegern, zu Beratungsgesprächen immer eine Person ihres Vertauens als Zeuge mitzunehmen, sich das Anlegerprotokoll aushändigen zu lassen und daheim in Ruhe durchzulesen sowie jede Anlageempfehlung nochmals zu Hause zu überdenken. Wichtig ist es auch, sich auf das Beratungsgespräch gezielt vorzubereiten und sein eigenes Anlegerprofil zu entwickeln. Wie dies aussehen kann, können interessierte Anleger in der Ausgabe 2010/4 der SdK-Mitgliederzeitschrift „AktionärsReport“ unter www.sdk.org kostenfrei nachlesen. Die SdK bietet jedem Anleger unter www.sdk.org/anlegerprofil außerdem an, ein unabhängiges Kurzprofil zu erstellen.

München, 23. Juli 2010
Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.

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