Das StraRUG – gut gedacht, schlecht gemacht
Ein zentrales Thema des diesjährigen Schwarzbuch Börse ist erneut das StaRUG, das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, das ursprünglich zur Krisenbewältigung von Unternehmen geschaffen wurde. Doch in der Praxis hat es sich vielfach als „Super-GAU“ für Anleger erwiesen. Der Bezugsrechtsausschluss, der im Aktiengesetz strengen Vorgaben unterliegt, wird unter dem StaRUG zunehmend zur Regel, wodurch faktisch eine Enteignung von Aktionären ohne Entschädigung möglich wird. Fälle wie VARTA und Endor verdeutlichen, wie das Gesetz dazu missbraucht wird, die Eigentümerstruktur von Unternehmen nach Gutdünken zu ändern. Eine dringende Reform ist notwendig, um diesen Missstand zu beheben und die Rechte der Anleger zu schützen.Wildwest am Anleihenmarkt
Auch der Markt für Mittelstandsanleihen bleibt ein Brennpunkt. Im Fokus stand in 2024 erneut die PREOS AG, deren Restrukturierung einer Wandelanleihe die Rechte der Anleger auf alarmierende Weise missachtete. Die Insolvenz des Büroimmobilienentwicklers führte für die Anleiheinhaber sowie für Aktionäre zu einem nahezu vollständigen Verlust ihrer Investitionen. Ein weiterer Skandal: die Vorgänge rund um die Credicore Pfandhaus GmbH, die offenbar Anleihen in Millionenhöhe ohne Wertpapierprospekt platzierte und 2024 Insolvenz anmeldete. Was als sicherer und profitabler Pfandhausbetreiber galt, entpuppte sich als Betrugsfall: Wertlose Teppiche und Labordiamanten wurden zu überhöhten Preisen beliehen, um so die Anlegergelder aus dem Unternehmen zu schleusen. Es besteht der Verdacht auf bandenmäßigen Betrug und Geldwäsche.Aktuelle Entwicklungen im Wirecard-Skandal
Der Fall Wirecard ist einer der größten Finanzskandale in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Im Insolvenzverfahren erzielten die Aktionäre 2024 einen Teilerfolg: Das OLG München erkannte ihnen den Status als Gläubiger zu, da sie jahrelang getäuscht wurden. Gleichzeitig verurteilte das Landgericht München I ehemalige Vorstandsmitglieder zu Schadensersatzzahlungen in Höhe von insgesamt 140 Millionen Euro – allerdings sind beide Entscheidungen noch nicht rechtskräftig. Der Strafprozess gegen den ehemaligen CEO Markus Braun und andere Verantwortliche verzögert sich dagegen weiter: Ein wichtiger Zeuge zog zuletzt seinen geplanten Besuch nebst Aussage aufgrund von Sicherheitsbedenken zurück. Im Kapitalanlegermusterverfahren gegen den Wirtschaftsprüfer EY wiederum fand nach mehr als vier Jahren endlich die erste Verhandlung statt. Doch eine Entscheidung ist noch lange nicht in Sicht.Immobilienbranche unter Druck
Die Immobilienbranche leidet stark unter den gestiegenen Zinsen, was problematische Praktiken fördert, die wir im diesjährigen Schwarzbuch zusammengetragen haben. Hauptaktionäre von Immobiliengesellschaften, die oft selbst im Immobiliengeschäft tätig sind, lagern zunehmend eigene Schulden auf Tochtergesellschaften aus. Diese Vorgehensweise gefährdet die Interessen von Minderheitsaktionären erheblich. Eine gesetzliche Regulierung ist dringend erforderlich, um Missbrauch zu verhindern und das Vertrauen in die Aktienkultur zu sichern.Weitere Themen im Schwarzbuch Börse 2024 sind u. a.:
- MyHammer: doppelt abgezockt
- HELMA Eigenheimbau: Pleite am Bau
- Reich-Gruppe: die kürzeste HV der Welt?
- Glasauer Investment Trust: HV-Chaos
- AURELIUS: der große Markenraub?
- MorphoSys: Visionen und Werte verloren
Das Schwarzbuch Börse steht den Mitgliedern der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. unter https://sdk.org/veroeffentlichungen/schwarzbuch-boerse/ zum kostenlosen Download bereit. Nicht-Mitglieder können das Schwarzbuch Börse 2024 per E-Mail an info@sdk.org für 6,00 Euro käuflich erwerben.
München, den 20. Dezember 2024
SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.
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