Dienstag, 6. März 2007

Banken müssen Anleger grundsätzlich auch bei telefonischem Aktienkauf auf Anlagerisiken hinweisen

OLG Celle, Urteil vom 7. Dezember 2006, Az. 8 U 563/05-161

Banken müssen Anleger bei telefonischer Order von Aktien nach § 31 WpHG grundsätzlich selbst dann über die Anlagerisiken aufklären, wenn sie die Anleger zuvor schon allgemein über die mit dem Erwerb von Aktien verbundenen Verlustrisiken und möglichen Kursschwankungen aufgeklärt haben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Kunde in erheblichem Umfang von seinem bisherigen Risikoprofil abweicht und dies für den Mitarbeiter, der die Kauforder entgegengenommen hat, offensichtlich war.

Der Sachverhalt:

Der Kläger hatte bei der beklagten Bank ein Wertpapierdepot eröffnet. In einem Beratungsgespräch mit dem Individualanlageberater der Beklagten äußerte der Kläger, dass er höhere Renditen erzielen wolle und dazu auch bereit sei, ein Verlustrisiko beziehungsweise Kursschwankungen hinzunehmen. Auf Grund dieses Gesprächs wurde der Kläger von dem Anlageberater als risikobewusst eingestuft. Im Anschluss an die Beratung zeichnete der Kläger Infineon-Aktien.

In der Folgezeit nahm der Kläger noch am so genannten Bank-Orderline-Verfahren teil und orderte telefonisch Intershop-Aktien über die Wertpapierabteilung der Beklagten. Der Kläger erzielte hieraus Verluste in Höhe von rund 85.000 Euro. Diesen Betrag verlangte er von der Beklagten ersetzt. Zur Begründung trug er vor, dass er von dem die Kauforder entgegennehmenden Mitarbeiter der Beklagten nicht hinreichend über die Anlagerisiken informiert worden sei. Dieser hätte ihn bei der telefonischen Order der Aktien nochmals auf das Verlustrisiko aufmerksam machen müssen. Die Schadensersatzklage hatte keinen Erfolg.

Die Gründe:

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz. Er konnte nicht nachweisen, dass die Beklagte ihre Aufklärungspflichten in Bezug auf die telefonische Order der Intershop-Aktien verletzt hat. Die Beklagte hat insbesondere nicht ihre aus § 31 Abs.2 WpHG resultierenden Informationspflichten verletzt.

Grundsätzlich müssen Banken ihre Kunden über die Risiken einer Anlage informieren und den Kenntnisstand und die Risikobereitschaft ihrer Kunden erfragen. Sie dürfen sich dabei nicht allein darauf beschränken, dem Anleger geeignetes schriftliches Material mit standardisierten Informationen über die in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäfte zur Verfügung zu stellen. Banken sind vielmehr auch zum Ausspruch einer Warnung verpflichtet, wenn Kundenaufträge von der zuvor erklärten Zielvorstellung deutlich abweichen. Eine solche offensichtliche, für den die Kauforder entgegennehmenden Kundenberater erkennbare Abweichung von dem im Kundenbogen festgehaltenen Anlageziel des Klägers ist vorliegend nicht gegeben.

Der Kläger war von dem Anlageberater der Beklagten auf Grund seiner eigenen Angaben als risikobewusst eingestuft worden. Die risikoreiche telefonische Order der Intershop-Aktien widersprach damit nicht dem von der Beklagten erstellten Anlageprofil des Klägers. Da dieser vor oder während den Telefonaten auch keine neue Beratung wünschte, musste die Beklagte nicht davon ausgehen, dass bei ihm ein Beratungsbedarf bestand.

Im Übrigen ist der Erwerb der Intershop-Aktien nicht kausal für den entstandenen Schaden. Der Kläger hätte den vollen Beweis dafür zu erbringen müssen, dass er die Intershop-Aktien nicht erworben hätte, wenn die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen wäre. Diesen Beweis hat er nicht geführt.

Quelle: ZR-Report-Datenbank

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