Mittwoch, 27. Oktober 2021

Prämiensparverträge: BaFin begrüßt BGH-Entscheidung

Pressemitteilung | 07.10.2021

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sieht in der jüngsten Entscheidung des Bundesgerichshofs (BGH) zu Prämiensparverträgen einen wichtigen Schritt in Richtung eines stärkeren Verbraucherschutzes. Der BGH hat am 6. Oktober 2021 entschieden, dass Zinsanpassungsklauseln in Prämiensparverträgen unwirksam sind, die Kreditinstituten bei der Verzinsung von Spareinlagen ein uneingeschränktes Ermessen einräumen. Er bestätigte damit seine bisherige Rechtsprechung zu langfristigen Sparverträgen.

Der BGH spricht sich deutlich für eine monatliche Zinsanpassung nach der Verhältnismethode aus. Bei dieser Methode wird der anfängliche relative Abstand des Vertragszinssatzes zum Referenzzinssatz beibehalten. Offengeblieben ist, welchen konkreten Referenzzins Kreditinstitute bei der Zinsanpassung zugrunde legen müssen. Hierzu hat der BGH entschieden, dass für die Höhe der variablen Verzinsung für langfristige Spareinlagen ein maßgebender Referenzzinssatz zu bestimmen ist. Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden, das nun wieder zuständig ist, muss festlegen, welcher Referenzzinssatz geeignet ist. In Betracht kommt hierfür laut BGH ein Zinssatz für langfristige Spareinlagen, den die Deutsche Bundesbank erhebt und monatlich veröffentlicht.

Die BaFin hatte die Kreditinstitute am 21. Juni 2021 per Allgemeinverfügung dazu verpflichtet, Prämiensparkunden über unwirksame Zinsanpassungsklauseln zu informieren und ihnen entweder unwiderruflich eine Zinsnachberechnung zuzusichern oder einen Änderungsvertrag mit einer wirksamen Zinsanpassungsklausel anzubieten, der die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berücksichtigt. 1.156 Kreditinstitute legten dagegen Widerspruch ein.

Weiterer Ablauf Widerspruchsverfahren

Welche Auswirkungen das BGH-Urteil auf die Widerspruchsverfahren hat, wird die BaFin nun im Einzelnen prüfen. Die Aufsicht plant aus verfahrensökonomischen Gründen, über einzelne Widersprüche vorrangig zu entscheiden, um anschließend verwaltungsgerichtliche Musterverfahren zu führen. Sobald hierzu abschließende rechtskräftige Entscheidungen vorliegen, wird die BaFin die übrigen Widerspruchsverfahren auf Basis der Rechtsprechung in den Musterverfahren abschließen. Bis zum Abschluss der Widerspruchsverfahren müssen die Kreditinstitute, die Widerspruch eingelegt haben, die Allgemeinverfügung noch nicht erfüllen. Die BaFin rät betroffenen Prämiensparerinnen und -sparern, sich darüber zu informieren, wie sie sich vor einer Verjährung ihrer Ansprüche schützen können. Rechtliche Beratung erhalten sie bei Verbraucherzentralen und Rechtsanwälten.

Quelle: BaFin

bc connect GmbH: BaFin ermittelt wegen des Betreibens erlaubnispflichtiger Geschäfte

Die BaFin stellt gemäß § 37 Absatz 4 Kreditwesengesetz (KWG) klar, dass die bc connect GmbH, Eichigt, keine Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften oder Erbringen von Finanzdienstleistungen besitzt. Das Unternehmen wird nicht von der BaFin beaufsichtigt.

Die von der bc connect GmbH angebotenen Verträge rechtfertigen die Annahme, dass das Unternehmen in Deutschland unerlaubt Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt.

Anbieter von Bankgeschäften oder Finanzdienstleistungen im Inland benötigen eine Erlaubnis nach dem KWG. Einige Unternehmen handeln jedoch ohne die erforderliche Erlaubnis. Informationen darüber, ob ein bestimmtes Unternehmen von der BaFin zugelassen ist, finden Sie in der Unternehmensdatenbank.

Die BaFin, das Bundeskriminalamt (BKA) und die Landeskriminalämter raten Verbraucherinnen und Verbrauchern, bei Geldanlagen im Internet äußerst vorsichtig zu sein und vorab gründlich zu recherchieren, um Betrugsversuche rechtzeitig zu erkennen.

Quelle: BaFin

Erwartungshaltung der BaFin zur Umsetzung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 27. April 2021 (Az. XI ZR 26/20)

Aufsichtsmitteilung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 27. April 2021 eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank, die ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der AGB und Sonderbedingungen fingiert, für unwirksam erklärt.


Die Bedeutung sowie die Auswirkungen dieser Entscheidung sind erheblich, da die Unwirksamkeit nicht nur den Änderungsmechanismus als solchen, sondern auch sämtliche darauf beruhenden Vertragsänderungen erfasst. Neben der Frage der Entgeltänderung, erstreckt sich die Unwirksamkeit auch auf andere, auf dieser Grundlage vorgenommenen Vertragsänderungen und damit auf die Grundlage der Vertragsbeziehungen insgesamt.

Wegen der weitreichenden Folgen der Entscheidung sind viele Kundinnen und Kunden verunsichert. Dies zeigt sich auch anhand einer beträchtlichen Anzahl von Beschwerden bei den Verbraucherzentralen und der BaFin, die auf diesen Sachverhalt Bezug nehmen.

Die BaFin hat daher die folgende Erwartungshaltung an die gesamte Kreditwirtschaft:

Im Interesse der vielfach jahrzehntelang bestehenden Vertragsbeziehungen zwischen Kundinnen und Kunden und ihren Kreditinstituten ist es aus Sicht der BaFin geboten, offen, transparent und partnerschaftlich mit der Umsetzung der BGH-Entscheidung umzugehen. Dies gilt sowohl für die Schaffung einer wirksamen vertraglichen Grundlage für die Zukunft, als auch den Umgang mit berechtigten Rückforderungsverlangen der Kundinnen und Kunden hinsichtlich – mangels wirksamer vertraglicher Grundlage – zu Unrecht erhobener Entgelte.

In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, Kundinnen und Kunden über die Entscheidung des BGH und deren Auswirkungen umfassend, klar und verständlich zu informieren. Hierfür können seitens der Kreditinstitute beispielsweise Hinweise auf den Kontoauszügen, Informationen über FAQ oder E-Mails erfolgen. Bestehende Unklarheiten auf Seiten der Kundinnen und Kunden können durch eine klare und verständliche Darstellung vermieden werden. Kundinnen und Kunden sollte eine konkrete Stelle bei den Kreditinstituten benannt werden, die sie zu Fragen zu den Auswirkungen der BGH-Entscheidung kontaktieren können. Dies soll allen Kundinnen und Kunden ermöglichen, sich direkt und unkompliziert mit Ansprechpersonen auszutauschen.

Um die Vertragsverhältnisse im Interesse der Rechtssicherheit zügig auf eine wirksame Grundlage zu stellen, haben einige Institute bereits persönliche Anschreiben an ihre Kundinnen und Kunden versandt und mit angemessener Frist um Zustimmung zu den neuen Vertragsgrundlagen gebeten. Ein solches Vorgehen ist aus Sicht der BaFin zu begrüßen.

Im Hinblick auf die Vielzahl vertraglicher Änderungen, mit denen die Kundinnen und Kunden nunmehr konfrontiert werden und denen sie zustimmen sollen, ist es geboten, den betroffenen Kundinnen und Kunden eine ausreichend bemessene Prüfungs- und Entscheidungsfrist einzuräumen. Insbesondere sind Kontosperrungen oder eine Sperrung des Zugangs zum Online-Banking zur Erlangung der Zustimmung bzw. Freischaltung des Zugangs nur bei Zustimmung zu den Vertragsänderungen nicht Ausdruck eines fairen Umgangs. Die Zustimmung der Kundinnen und Kunden sollte weder durch den Einsatz solcher oder anderer Maßnahmen unter Druck erreicht werden.

Gebühren und Entgelte, die im Hinblick auf die BGH-Entscheidung unwirksam sind, sind zukünftig - sofern keine gültige Vereinbarung mit den Kundinnen und Kunden getroffen wird - nicht mehr zu erheben.

Damit Kundinnen und Kunden prüfen können, ob sie von dem Urteil des BGH betroffen sind und ihnen ein Erstattungsanspruch zusteht, sind den Kundinnen und Kunden auf Anforderung alle erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, aus denen sich umfassend die in der Vergangenheit vorgenommenen sie betreffenden Änderungen ergeben. Dies betrifft insbesondere die Einführung bzw. Erhöhung von Gebühren und Entgelten mit den jeweiligen konkreten Stichtagen. Kundinnen und Kunden soll es durch eine vollständige Information ermöglicht werden, die Höhe der zu Unrecht erhobenen Gebühren und Entgelte im konkreten Fall zu berechnen.

Erstattungsverlangen der Kundinnen und Kunden sollten zeitnah umfassend geprüft und zu Unrecht erhobene Gebühren und Entgelte umgehend erstattet werden.

Die BaFin weist darauf hin, dass es den Kundinnen und Kunden zusteht, Erstattungsansprüche geltend zu machen. Die Ausübung dieses Rechts kann daher keine unmittelbare Kündigung der Geschäftsverbindung zur Folge haben.

Darüber hinaus geht die BaFin davon aus, dass für die vor und nach dem Urteil des BGH vom 27. April 2021 aufgrund des unwirksamen AGB-Änderungsmechanismus unrechtmäßig erhobenen Entgelte Rückstellungen auf Basis der erwarteten Inanspruchnahme gebildet werden, um die Finanz- und Ertragslage ihres Instituts korrekt in der Bilanzierung auszuweisen.

Sonntag, 17. Oktober 2021

Neuer Trend: "Gefälschte" Übernahme-/Kaufangebote

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Die Depotbanken lassen ihren Wertpapierkunden in der Regel Übernahme- und Kaufangebote, vor allem, wenn diese im Bundesanzeiger veöffentlicht worden sind, zukommen (meist mit einem Disclaimer, dass die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen nicht geprüft worden sei). Vielfach handelt es sich dabei um "Abstauberangebote", mit denen vor allem bereits delistete Aktien weit unterhalb des Werts und Notierungen etwa bei Valora (https://veh.de/kurse) eingesammelt werden sollen. 

In letzter Zeit gab es darüber hinaus mehrere Angebote von Firmen, die aber z.T. von einer angeblich in ihrem Namen erfolgten Veröffentlichung im Bundesanzeiger nichts wussten. Vielfach wurden Kauf-/Übernahmeangebote auch über den aktuellen Börsenkursen veröffentlicht. Depotinhaber sollten daher prüfen, ob es den Käufer/Übernehmer auch tatsächlich gibt und dieser von diesem Angebot weiß. 

Der Hintergund dieser vorgeschobenen oder "gefälschten" Angebote ist nicht ganz klar. Bei gelisteten Unternehmen wollen die Hinterleute ggf. die Kurse beeinflussen. In anderen Fällen wurde Daten von annehmenden Depotinhabern genutzt, um diesen eine tolle "Story" zu erzählen, dass sie noch mehr Aktien kaufen (und dafür vorab an die Firma zahlen) müssten, um angeblich eine Paket "vollzumachen", das man dann noch teurer weiterverkaufen könne.      

Mittwoch, 13. Oktober 2021

Die ADLER-Story geht weiter - Viceroy Research legt nach

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Die ADLER Real Estate Aktiengesellschaft hatte kürzlich die "Einleitung einer Sondierung strategischer Handlungsmöglichkeiten" angekündigt: https://spruchverfahren.blogspot.com/2021/10/adler-real-estate-ag-adler-real-estate.html

Kurz danach brachen die Aktienkurse der ADLER Group S.A., der ADLER Real Estate Aktiengesellschaft und von CONSUS deutlich ein. Hintergund war ein "Report" von Viceroy Research LLC mit gravierenden Anschuldigungen.

Als Reaktion auf diesen Report hat die ADLER Group S.A. zunächst ein "erstes Statement" vorgelegt: https://spruchverfahren.blogspot.com/2021/10/adler-group-sa-erstes-statement-zum.html

Offenbar zur wirtschaftlichen Entlastung hat die ADLER Group S.A. eine Absichtserklärung über eine größere Portfoliotransaktion abgeschlossen:
https://spruchverfahren.blogspot.com/2021/10/adler-group-sa-schliet.html

Die Aggregate Holdings S.A. hat Vonovia eine Option auf eine 13,3 %-Beteiligung an der ADLER Group S.A. eingeräumt: https://spruchverfahren.blogspot.com/2021/10/aggregate-holdings-sa-vonovia-acquires.html

Der von Viceroy als Hauptverantwortlicher bezeichnete Cedet Caner hat über die Rechtsanwaltskanzlei IRLE MOSER eine Strafanzeige gegen Fraser Perring u.a. und ein weiteres Vorgehen angekündigt, siehe die Mitteilung: https://spruchverfahren.blogspot.com/2021/10/irle-moser-rechtsanwalte-partg-cevdet.html

Viceroy wies dieses Vorgehen nunmehr in einem weiteren Bericht als unbegründet zurück und hat u.a. einen von Bloomberg zitierten Whistleblower-Bericht veröffentlicht, der weitere Details und Anschuldigungen enthält:
https://viceroyresearch.org/2021/10/12/adler-group-the-whistleblower-vs-the-lawyer/

Bezüglich der Aktien der ADLER Group S.A. und der ADLER Real Estate Aktiengesellschaft sind mehrere Hedgefonds Netto-Leerverkaufspositionen eingegangen:

Disclaimer: Die Angaben sind unverbindlich und stellen weder eine Anlage- noch eine Rechtsberatung dar. Es wird eine eigene Prüfung empfohlen.