Donnerstag, 6. April 2023

Garantiert weniger Geld? - Klausel in Riester-Vertrag der Allianz benachteiligt Verbraucher:innen

Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg

­Private Rentenversicherungen versprechen oft eine bestimmte Höhe der monatlichen Rente von Beginn des Ruhestands bis zum Tod. Doch in der jüngsten Niedrigzinsphase hat die Allianz Lebensversicherungs-AG in Riester Verträgen den vertraglich vereinbarten Rentenfaktor und damit die Höhe der zu erwartenden Rentenzahlungen gekürzt. Sie berief sich dabei auf eine in der Branche übliche Treuhänderklausel.

„Aktuell versuchen Versicherer sich von ihren Rentenzusagen zu lösen, indem sie sich auf eine verbraucherbenachteiligende Klausel im Kleingedruckten berufen“, kritisiert Niels Nauhauser, Abteilungsleiter bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Hierbei geht es um die Treuhänderklausel, mit der sich Anbieter das Recht herausnehmen, vertraglich vereinbarte Rentenzahlungen einseitig zu verringern. „Wir halten diese Klausel für rechtswidrig und gehen gerichtlich gegen die Allianz vor“, so Nauhauser weiter. Wenn das Gericht die Klausel ebenfalls für rechtswidrig erachtet, darf sich die Allianz darauf nicht mehr berufen. Kunden können dann eine Nachzahlung verlangen.

Der konkrete Fall, den die Verbraucherzentrale abgemahnt hatte: Einem Verbraucher wurde im Jahr 2006 eine als RiesterRente InvestGarantie bezeichnete Rentenversicherung der Allianz verkauft, mit dem Versprechen einer Rentenzahlung in Höhe von monatlich 38,74 Euro je 10.000 Euro Policenwert. Inzwischen hat der Versicherer den Rentenfaktor auf 30,84 Euro je 10.000 Euro Policenwert gekürzt. Dies entspricht einer Kürzung um rund 20 Prozent. Als Gründe nannte die Allianz unter anderem den „Rückgang der Zinserträge am Kapitalmarkt“ und „die bereits lange andauernde aktuelle Niedrigzinsphase“. Die Allianz teilte ihrem Kunden zwar nach seiner Beschwerde mit, dass der Rentenfaktor bei veränderten Rechnungsgrundlagen wieder erhöht würde, allerdings ließ sie die genauen Umstände und Berechnungsparameter vollkommen offen.

„Eine Kürzung der Rente ist zwar aufsichtsrechtlich unter bestimmten Umständen zulässig, allerdings benachteiligt die Treuhänderklausel der Allianz Verbraucher:innen, weil sie gegen das Äquivalenzprinzip verstößt“, so Nauhauser. Denn die Allianz räumt sich zwar einseitig das Recht zur Rentenkürzung ein, ohne sich aber zugleich verbindlich zu verpflichten, die Rente zu erhöhen, wenn sich die Bedingungen wieder ändern.

Die Verbraucherzentrale hält die Klausel daher für verbraucherbenachteiligend und mahnte die Allianz im September 2022 ab: Sie forderte die Allianz auf, die strittige Klausel nicht mehr zu verwenden. Da der Versicherer nicht einlenken wollte, reichte die Verbraucherzentrale Klage ein. Die Klage wird am 17.04.2023 am Landgericht Stuttgart verhandelt (Az. 53 O 214/22).

Die streitgegenständliche Klausel im Wortlaut

Wenn aufgrund von Umständen, die bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar waren, die Lebenserwartung der Versicherten sich so stark erhöht oder die Rendite der Kapitalanlagen (siehe § 25 Abs. 1 a Satz 4) nicht nur vorübergehend so stark sinken sollte, dass die in Satz 1 genannten Rechnungsgrundlagen voraussichtlich nicht mehr ausreichen, um unsere Rentenzahlungen auf Dauer zu sichern, sind wir berechtigt, die monatliche Rente für je 10.000 € Policenwert so weit herabzusetzen, dass wir die Rentenzahlung bis zu Ihrem Tode garantieren können.“

(Quelle: Allgemeine Versicherungsbedingungen für den Baustein zur fondsgebundenen Altersvorsorge: FondsRente ("RiesterRente mit Fonds") - E 202 von Juni 2006)

Vorsorgefonds als Alternative zu Riester gefordert

Die kapitalgedeckte Altersvorsorge, wie sie derzeit in Deutschland geregelt ist, funktioniert nicht. Dies stellt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg tagtäglich in ihren Verbraucherberatungen zur Altersvorsorge fest.

„Erneut zeigt sich, dass das an eigenen Interessen ausgerichtete Verhalten der Anbieter von Riester-Sparverträgen direkt zu Lasten der Renten der Sparer:innen geht,“ kritisiert Nauhauser. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg setzt sich daher bereits seit 2011 für ein standardisiertes Basisprodukt in der privaten Altersvorsorge ein, das sich ausschließlich an Verbraucherinteressen ausrichtet.

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